Dante Alighieri - Opera Omnia >>  Ueber die Monarchie
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Übersetzt von Karl Ludwig Kannegießer



ERSTES BUCH


I


Alle Menschen, denen eine höhere Natur die Liebe zur Wahrheit einprägte, lassen es sich wohl hauptsächlich angelegen sein, sowie sie durch die Bemühung der Altvordern bereichert worden, so auch ihrerseits für die Nachkommen sich zu bemühen, dergestalt, daß die Nachwelt Etwas durch sie erhalte, wodurch sie bereichert werde. Denn seiner Pflicht fernab zu sein möge Der nicht zweifeln, den trotz öffentlicher Anmahnungen es nicht kümmert, zum Gemeinwohle etwas beizutragen; denn er ist kein Holz, das längs dem Lauf der Gewässer zu seiner Zeit Frucht bringt, sondern vielmehr ein verderblicher Strudel, immer einschlürfend und nie das Eingeschlürfte zurückströmend. Dies nun oft und aufs Neue bedenkend verlangt es mich, daß man mich nicht zeihe, mein Pfund vergraben zu haben, für das allgemeine Wohl nicht nur anzuschwellen, sondern vielmehr Frucht zu tragen, und von Andern unberührte Wahrheiten ans Licht zu bringen. Denn welchen Nutzen stiftete doch, wer einen Satz des Euklides aufs Neue bewiese, wer die von Aristoteles dargestellte Glückseligkeit wiederum darzustellen unternähme, wer das von Cicero verteidigte Alter noch einmal zu vertheidigen sich zur Aufgabe machte? Gewiß keinen, vielmehr würde ein so langweiliges überflüssiges Beginnen Ekel verursachen. Und da unter anderen verborgenen und nützlichen Wahrheiten die Kenntniß der weltlichen Monarchie höchst nützlich ist und sehr versteckt, und weil sie als etwas nicht unmittelbar Gewinnbringendes von Allen unberührt geblieben ist; habe ich es mir vorgenommen, sie aus ihrem Versteck hervorzuholen, theils um auf eine ersprießliche Weise für die Welt wachsam zu sein, theils um die Palme eines solchen Wagestücks zu meinem Ruhm zuerst mir zu erwerben. Hehr und meine Kräfte übersteigend ist das Werk, das ich in Angriff nehme, nicht sowol auf meine eigenen Kräfte vertrauend als auf das Licht jenes Spenders, der Allen reichlich gibt und nicht Vorwürfe macht.



II


Zuerst also ist zu betrachten, was man die weltliche Monarchie heiße, der Gestalt nach, um so zu sagen, und der Absicht nach. So ist denn die weltliche Monarchie, welche man das Kaiserthum nennt, eine einzige Obrigkeit, und zwar über Alle in der Zeit, oder sowol in Dem, als über Das, was zeitlich gemessen wird. Vornehmlich aber kommen hiebei drei Zweifel in Frage. Denn zuerst wird gezweifelt und gefragt, ob sie zum Heil der Welt nothwendig sei; zweitens, ob das römische Volk sich mit Recht das Amt des Alleinherrschers angeeignet habe; und drittens, ob das Ansehn des Monarchen abhange von Gott unmittelbar, oder von einem Andern als Diener und Statthalter Gottes. Aber weil alle Wahrheit, welche nicht ein Urgrund ist, aus der Wahrheit eines Urgrundes erhellt, muß man bei jedweder Untersuchung Kenntniß haben von dem Urgrunde, worauf die Entwicklung zurückkehrt, für die Vergewisserung aller Sätze, welche weiterhin angenommen werden. Und weil die gegenwärtige Abhandlung vor Allem den Urgrund betrifft, so ist zu untersuchen, wie es scheint, kraft wessen die Folgesätze Bestand haben. Man muß demnach wissen, daß es Einiges gibt, was unsrer Macht gar nicht unterworfen ist, was wir nur durchforschen, nicht aber schaffen können, als da sind die Größenlehre, die Naturlehre und das Göttliche. Einiges aber gibt es, was, unsrer Macht unterworfen, wir nicht allein durchforschen, sondern auch hervorbringen können, und hiebei wird die Hervorbringung nicht wegen der Forschung, sondern diese wegen jener vorgenommen, insofern sie bei einer solchen Hervorbringung der Zweck ist. Wenn also der gegenwärtige Stoff staatlich, ja die Quelle und der Urgrund des richtigen Staatswesens ist, und alles Staatliche unserer Macht unterliegt, so ist offenbar, daß der gegenwärtige Stoff nicht nach der Forschung als dem Ersteren, sondern nach der Hervorbringung sich ordnet. Wiederum, wenn in dem Hervorbringlichen der Urgrund und die Ursache von Allem der letzte Zweck ist, denn von ihnen geht die erste Wirkung aus; so folgt, daß jeder Grund derjenigen Dinge, welche einen Zweck haben, von dem Zwecke selbst hergenommen wird. Denn anders ist der Grund beim Holzfällen, wenn man ein Haus, als wenn man ein Schiff zu bauen hat. Wenn es also Etwas gibt, das als Zweck des Bürgerthumes des menschlichen Geschlechtes nützt, so wird dies der Urgrund sein, woraus alles weiterhin zu Beweisende klärlich erhellen wird. Daß es aber einen Zweck für dieses und jenes Bürgerthum, und daß es nicht einen einigen Zweck für alle gebe, dies anzunehmen ist thöricht.



III


Nun ist aber zu betrachten, was der Zweck der ganzen menschlichen Bürgerschaft sei, nach welcher Erörterung mehr als die halbe Arbeit gethan sein wird, dem Philosophen zufolge in seiner Schrift an den Nikomachus. Und zur Beweisführung des aufgestellten Satzes muß man betrachten, daß, gleichwie es einen Zweck gibt, dessentwegen die Natur einen Daum, und einen von dem verschiedenen, weshalb sie die ganze Hand, und wiederum einen von Beiden verschiedenen, weshalb sie einen Arm, und einen von Allen verschiedenen, weshalb sie einen ganzen Menschen hervorbringt; so sind die Zwecke verschieden, wonach sie einen einzelnen Menschen, ein Hauswesen, eine Gemeine, ein Bürgerthum, ein Reich anordnet, und endlich einen edelsten Zweck, wonach der ewige Gott auf ersprießliche Weise das menschliche Geschlecht durch seine Kunst, welche die Natur ist, ins Leben hervorruft. Und hier kommt es auf einen leitenden Urgrund der Untersuchung an. Demzufolge ist erstlich zu wissen, daß Gott und die Natur nichts Müßiges schaffen, sondern was zum Dasein kommt, das ist zu einer Wirksamkeit da. Denn keineswegs ist das erschaffene Wesen der letzte beabsichtigte Zweck des Schöpfers als solchen, sondern die besondere Wirksamkeit des Wesens. Wahr ist es, daß die besondere Wirksamkeit nicht des Wesens wegen, sondern dieses wegen jener sein Dasein hat. Es gibt also eine besondre Wirksamkeit der menschlichen Gesammtheit, wonach die Gesammtheit der Menschen selbst bei einer so großen Menge geordnet wird. Zu dieser Wirksamkeit kann weder ein einzelner Mensch, noch ein einzelnes Haus, noch Gemeinde, noch Bürgerschaft, noch ein besonderes Reich gelangen. Von welcher Art aber jene Wirksamkeit sei, wird deutlich werden, wenn das Ziel der Macht der ganzen Menschheit sichtbar wird. Ich sage also, daß keine Kraft, woran mehrere der Art nach Verschiedene Theil nehmen, das Ziel der Macht ist für irgend Einen von Jenen. Denn wenn Jenes, was als Solches das Ziel ist, bestimmend wäre für die Gattungsart, so würde folgen, daß Ein Wesen sich in mehreren Gattungsarten artete, was unmöglich ist. Es ist also nicht eine das Ziel betreffende Kraft im Menschen, das Sein selbst einfach genommen, weil auch so genommen die Grundstoffe daran theilnehmen, noch auch das Sein als zusammengesetzt genommen, weil dies bei den Thieren, noch als belebt, weil dies bei den Pflanzen gefunden wird, noch als wahrnehmbar, weil daran auch das Leblose theilnimmt, sondern als ein an seinem geistigen Vermögen Wahrnehmbares, was keinem andern ober- oder unterhalb des Menschen stehenden Wesen zukommt. Denn wenn es gleich andre Wesen gibt, die am Verstande theilnehmen, so ist ihr Verstand doch nicht ein Vermögen wie bei dem Menschen, weil dergleichen gewisse Verstandeswesen sind und nichts Anderes, und ihr Wesen nichts Anderes ist als die Verstandeseinsicht, was es heißt, daß sie sind, weil sie ohne Einschub auf andere Weise nicht ewig wären. Hieraus erhellt, daß das Endziel der Macht oder des Vermögens der Menschheit selbst ? das Vermögen oder Können des Verstandes ist. Und weil dies Vermögen durch Einen Menschen oder durch irgend eine der oben unterschiedenen Gemeinschaften nicht ganz zugleich in Handlung gesetzt werden kann, so muß es nothwendig durch die Vielheit in dem menschlichen Geschlechte sein, wodurch das ganze Vermögen thätig gemacht werde, wie denn auch die Vielheit der erschaffbaren Dinge als ganzes Vermögen des ersten Stoffes immer thätig sein muß, sonst gäb? es ein getrenntes Vermögen, was unmöglich ist. Und mit diesem Satze stimmt Averroes überein in seiner Abhandlung über die Seele; auch bezieht sich das Verstandesvermögen, wovon ich rede, nicht blos auf die allgemeinen Formen oder Arten, sondern durch eine gewisse Erweiterung auch auf die besonderen. Weshalb gesagt zu werden pflegt, daß der forschende Verstand durch die Erweiterung werkthätig wird, wobei der Zweck das Thun und Machen ist, was ich beziehe auf das zu Thuende, was durch die Staatsklugheit und auf das zu Machende, was durch die Kunst geregelt wird, was Alles der Forschung an die Hand geht, als dem Besten, wozu die erste Güte das Menschengeschlecht zum Dasein hervorrief. Hieraus ist hinsichtlich des Staates klar, daß die Verstandesstarken vor den Andern von Natur den Vorrang haben.



IV


Sattsam ist also erklärt, daß das eigenthümliche Geschäft des menschlichen Geschlechtes als eines Ganzen darin besteht, immer das ganze Vermögen des Geistes als Vermögens in Thätigkeit zu setzen, zuerst zum Forschen und demnächst zum Wirken dadurch nach seiner Erweiterung. Und weil sich das Ganze wie das Einzelne verhält und den besondern Menschen angeht, was sitzend und ruhend durch Klugheit und Weisheit vollbracht wird; so erhellt, daß die Menschheit in der Ruhe und Stille des Friedens für ihr eigenthümliches Werk, das fast göttlich ist (laut des Ausspruches: Du hast ihn nur Weniges den Engeln nachgestellt) die meiste Freiheit und Leichtigkeit hat. Daher ist es offenbar, daß ein allgemeiner Frieden am zuträglichsten ist für Das, was zu unsrem Wohlergehen angeordnet ist, also, wie es den Hirten aus der Höhe erscholl, nicht Reichthümer, nicht Wohllüste, nicht Ehren, nicht langes Leben, nicht Gesundheit, nicht Stärke, nicht Schönheit, sondern Friede. Denn die himmlische Heerschaar singt: ?Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen, die das Gute wollen.? Daher war auch des Heilandes Gruß: Friede sei mit euch! Denn es ziemte dem höchsten Heiland mit dem höchsten Gruße zu grüßen, eine Sitte, die seine Jünger und Paulus in ihren Begrüßungen beibehalten wollten, wie Allen bekannt sein wird. Aus dem Erklärten also erhellt, wodurch das menschliche Geschlecht auf eine bessere, ja auf die beste Weise sein eigenthümliches Geschäft unternimmt. Und demnächst hat sich das beste Mittel gezeigt, wodurch man zu Dem gelangt, wonach, gleichwie für den letzten Zweck, all unser Thun sich richtet: denn Das ist der allgemeine Friede, der für den Urgrund der folgenden Gründe gelten kann, welcher, wie vorher gesagt ist, das Nothwendige, oder das vorgesteckte Zeichen war, auf welches sich alles zu Beweisende wie auf die sonnenklarste Wahrheit bezieht.



V


Um nun auf Das, was zu Anfang gesagt wurde, zurückzukommen, so werden drei Dinge hauptsächlich bezweifelt und kommen hinsichtlich der weltlichen Alleinherrschaft in Frage, welche jetzt insgemein Kaiserherrschaft genannt wird, und hierüber war, wie zuvor gesagt ist, mein Vorhaben, nach bezeichnetem Urgrund die Untersuchung in schon berührter Ordnung anzustellen. So sei denn die erste Betrachtung: ob die weltliche Alleinherrschaft zum Heil der Welt nothwendig sei. Dies kann aber, ohne daß Vernunft oder Ansehn gewaltsam dagegen aufträte, durch die stärksten und deutlichsten Beweise dargethan werden, deren erster unter dem Schirme des Philosophen aus seiner Schrift über den Staat hergenommen werden soll. Denn sein ehrwürdiger Mund behauptet dort, daß, wenn gewisse mehrere Dinge sich nach Einem richten, dies Eine regieren oder herrschen, die andern aber regiert oder beherrscht werden müssen. Dies macht jedoch nicht blos der berühmte Name des Urhebers glaublich, sondern die leitende Vernunft. Denn wenn wir den einzelnen Menschen betrachten, so werden wir sehen, daß dies bei ihm eintreffe, weil, da alle seine Kräfte sich nach dem glücklichen Zustande richten, die Verstandeskraft selbst aber die Ordnerin und Regiererin aller übrigen ist, er auf andre Weise zum Glücke nicht gelangen kann. Wenn wir ein einziges Hauswesen betrachten, dessen Zweck ist, die Hausgenossen zur richtigen Lebensweise anzuleiten, so muß Einer sein, der sie leite und regiere, den man den Hausvater nennt, oder dessen Stellvertreter, nach dem Ausspruch des Philosophen: Jedes Haus wird von dem Aeltesten regiert. Und dessen Pflicht ist es, wie Homer sagt, Alle zu leiten und den Andern Gesetze aufzulegen. Daher sprichwörtlich jener Fluch: Finde deines Gleichen im Hause! Wenn wir eine einzelne Gemeine betrachten, deren Zweck die angemessene Hülfsleistung sowol hinsichtlich der Personen, als der Sachen ist, so muß Einer der Ordner sein, sei er von einem Andern gegeben, oder rage er aus ihnen selbst hervor, mit Beistimmung der Uebrigen; anders gelangt man nicht zu jenem wechselseitigen Genügen, sondern sobald etwa Mehrere hervorragen wollen, geht die ganze Gemeinde unter. Betrifft es aber eine einzelne Bürgerschaft, deren Zweck es ist, sich in einem glücklichen und genügenden Zustande zu befinden, so muß diese ein einziges Reich sein. Und dies findet statt nicht blos in einem richtigen, sondern auch in einem verschobenen Staatswesen; im entgegengesetzten Falle wird nicht blos der Zweck des bürgerlichen Lebens nicht erreicht, sondern die Bürgerschaft hört auch auf zu sein, was sie war. Anlangend endlich Ein besonderes Reich, dessen Zweck derselbe wie der Bürgerschaft ist, so muß mit größerem Vertrauen auf Ruhe Ein König sein, der regiere und walte; auf andre Weise erreichen nicht nur die im Reiche Lebenden den Zweck nicht, sondern das Reich geht auch seinem Verderben zu, jener unfehlbaren Wahrheit gemäß. Jedes in sich selbst getheilte Reich verödet. Wenn also Das, was nach Einem geordnet wird, sich so im Einzelnen verhält, so ist das Obenangenommene wahr. Nun ist bekannt, daß die ganze Menschheit sich nach Einem ordnet, wie schon zuvor gezeigt ist. Eines muß also das Regirende und Leitende sein, und dies muß den Namen des Alleinherrschers oder Kaisers führen. Und so erhellt, daß Monarchie oder Kaiserthum zum Heil der Welt nothwendig sei.



VI


Wie sich der Theil zum Ganzen verhält, so die theilweise Ordnung zur ganzen. Der Theil verhält sich zum Ganzen, wie zum Zweck und zum Besten: also auch die Ordnung in einem Theile zur Ordnung im Ganzen, wie zum Zwecke und zum Besten. Hieraus ergibt sich, daß die Güte der theilweisen Ordnung die Güte der ganzen Ordnung nicht übertrifft, sondern vielmehr umgekehrt. Wenn sich also eine doppelte Ordnung in Dingen findet, nämlich eine Ordnung der Theile unter sich und eine Ordnung der Theile mit Bezug auf ein gewisses Eins, das nicht ein Theil ist, z. B. die Ordnung der Theile eines Heeres unter sich und ihre auf den Führer bezügliche Ordnung, so ist die auf das Eine bezügliche Ordnung der Dinge als Zweckes der andern Ordnung besser, denn sie ist wegen dieses Zweckes anders, nicht umgekehrt. Wenn daher eine Form dieser Ordnung in den Theilen der menschlichen Vielheit gefunden wird, so läßt sich weit mehr sagen, daß sie in der Vielheit selbst, oder in der Ganzheit gefunden wird, kraft des vorangeschickten Schlusses, da diese Ordnung besser oder die Form der Ordnung ist. Sie findet sich aber in allen Theilen der menschlichen Vielheit, wie aus dem vorhergehenden Kapitel Gesagten deutlich ist; also muß sie sich auch in der Ganzheit finden. Und so müssen sich alle unterhalb der Reiche zuvor bemerkten Theile und die Reiche selbst sich nach Einem Oberregirer oder Regirung ordnen, das heißt, nach einem Monarchen oder einer Monarchie. Ferner, die menschliche Gesammtheit ist ein Ganzes hinsichtlich gewisser Theile, und ist ein Theil hinsichtlich eines gewissen Ganzen; denn sie ist ein gewisses Ganzes hinsichtlich besonderer Reiche und Völker, wie das Vorige besagt, und sie ist ein gewisser Theil hinsichtlich des allgemeinen Ganzen, was für sich klar ist. Sowie nun das Niedere der menschlichen Allgemeinheit ihr wohl entspricht, so läßt sich von ihr sagen, daß sie ihrem Ganzen wohl entspricht. Ihre Theile entsprechen ihr wohl und gut nach Einem Urgrund nur, wie aus dem Vorigen leicht entnommen werden kann; also entspricht auch sie selbst einfacherweise wohl und gut dem Urgrunde selbst und dem Allgemeinen oder dem Herrscher, welcher Gott und Allherrscher ist, nach nur Einem Urgrund, nämlich dem einzigen Oberherrn: Hieraus folgt, daß die Alleinherrschaft nöthig sei zum Heile der Welt.



VII


Und alles Das verhält sich wohl und auf?s Beste, was sich verhält nach der Absicht des ersten Wirkenden, welcher Gott ist. Und dies wird an sich anerkannt ausgenommen von Denen, welche leugnen, daß die göttliche Güte die höchste Vollkommenheit erreiche. Nach der Absicht Gottes soll aber alles Erschaffene sich als gottähnlich darstellen, soweit dies seiner Natur nach geschehen kann. Deswegen heißt es: Laßt uns einen Menschen machen, ein Bild, das uns ähnlich sei. Wenn nun gleich der Ausdruck Bild nicht auf die dem Range nach unter dem Menschen stehenden Dinge angewandt werden kann, so läßt sich doch die Aehnlichkeit von jedem Dinge behaupten, da das ganze All nichts anders ist als ein Abdruck der göttlichen Güte. Demnach befindet sich das menschliche Geschlecht wohl und am besten, wenn es sich soviel möglich Gott ähnlich macht. Dies geschieht aber, wenn es möglichst Eins ist. Denn wahr ist das Verhältniß des Einen im Ganzen, weshalb es heißt: Höre, Israel, der Herr, dein Gott, ist ein einiger Gott. Aber die Menschheit ist dann am meisten Eins, wenn das Ganze in Eins sich vereinigt, was nur dann stattfinden kann, wenn es sich Einem Fürsten gänzlich unterwirft, wie sich von selbst versteht. Also macht sich die Menschheit auf diese Art Gott am meisten ähnlich und verhält sich am meisten nach seiner Absicht, das heißt, gut und am besten: wie im Anfang dieses Abschnittes dargethan ist.



VIII


Desgleichen verhält sich jeder Sohn wohl und am besten, wenn er der Spur des vollkommenen Vaters, soweit es seine eigene Natur erlaubt, nachfolgt. Das Menschengeschlecht ist des Himmels Sohn, welcher in allen seinen Werken höchst vollkommen ist. Denn der Mensch und die Sonne zeugen den Menschen, laut des zweiten Buches über den natürlichen Vortrag. Also befindet sich die Menschheit am besten, wenn sie den Spuren des Himmels, soweit es ihre eigenthümliche Natur erlaubt, nachfolgt. Und wenn der ganze Himmel durch eine einzige Bewegung, nämlich der ersten Bewegkraft, und durch den einzigen Beweger, welcher Gott ist, geleitet wird in allen seinen Theilen, Bewegungen und Bewegern, wie die menschliche Vernunft durch philosophische Betrachtung auf?s Deutlichste erfährt, so befindet sich, im Fall die Schlußfolge richtig ist, die Menschheit dann am besten, wann sie von einem einzigen Fürsten gleichwie von einem einzigen Beweger und Gesetze, gleichwie von einer einzigen Bewegung in seinen Bewegern und Bewegungen geleitet wird. Hieraus erhellt, daß zum Wohl der Welt die Monarchie oder eine einzige Herrschaft, welche Kaiserthum heißt, nothwendig ist. Dieser Gedanke liegt in dem Seufzer des Boethius:
O glückseligen Menschen, ihr,
Wenn sie, welche die Himmel lenkt,
Lieb', auch eure Gemüther lenkt.



IX


Und wo immer ein Rechtshandel sein kann, da muß auch ein Gerichtspruch sein: sonst gäbe es etwas Unvollkommnes ohne das ihm eigenthümliche Vollkommne; was unmöglich ist, da Gott und Natur bei dem Nothwendigen es nicht fehlen lassen. Unter allen zwei Fürsten, von denen der eine dem andern keineswegs unterthan ist, kann ein Rechtshandel entstehn, sei es durch ihre eigene oder der Unterthanen Schuld, was an sich klar ist. Dergleichen bedürfen des Gerichtsspruches, und da der Eine über den Andern nicht erkennen kann, weil der Eine dem Andern nicht unterthan ist, (denn Gleich und Gleich haben keine Gewalt übereinander) so muß etwas Drittes von höherer Gerichtsbarkeit da sein, das durch den Umfang seines Rechtes vor Beiden den Vorzug hat. Und dies wird der Monarch sein, oder nicht. Ist er es, so haben wir, was wir wollen; ist er es nicht, so muß er abermals seines Gleichen haben außerhalb des Umfanges seiner Gerichtsbarkeit. Dann wird abermals ein andrer Dritter nöthig sein; und so wird es entweder ins Unendliche fortgehn, was aber nicht möglich ist, oder wir werden zu dem ersten und höchsten Richter gelangen, durch dessen Urtel alle Händel, mittelbar oder unmittelbar, geschlichtet werden, und dies wird der Monarch oder der Kaiser sein. Die Monarchie ist also ein Bedürfniß der Welt. Und dies war die Ansicht des Philosophen, wenn er sagt: Was da ist, will nicht übel bestellt sein; übel aber ist die Mehrheit der Herrschaften: Einer also ist der Herrscher.



X


Ueberdies ist die Welt am besten bestellt, wenn die Gerechtigkeit in ihr am mächtigsten ist; weshalb Virgil, als er das Jahrhundert rühmen wollte, das zu seiner Zeit anzubrechen schien, in seinen Hirtengedichten sang:
Selber die Jungfrau kehrt und es kehrt die saturnische Herrschaft.



XI


Denn unter der Jungfrau verstand man die Gerechtigkeit, die man auch Asträa nannte, und unter saturnischer Herrschaft die schönste Zeit, die man auch die goldene hieß. Die Gerechtigkeit hat nur unter einem Monarchen höchste Gewalt. Damit die Welt wohl bestellt sei, bedarf es also der Monarchie oder des Kaiserthums. Zur vollen Beweisführung des zu Hülfe genommenen Satzes muß man wissen, daß die Gerechtigkeit an sich und ihrer eigenen Natur betrachtet, eine gewisse Gradheit oder Regel ist, die das Schräge von beiden Seiten vermeidet, und mit dem zu Vielen oder zu Wenigen unvereinbar ist, wie die weiße Farbe, ihrem Begriffe nach betrachtet. Denn es gibt gewisse Formen dieser Art, welche die Vereinigung betreffen und aus etwas Einfachem und Unveränderlichem bestehen, wie der Lehrmeister der sechs Urgründe mit Recht sagt. Dennoch nehmen sie mehr oder weniger von dieser Beschaffenheit auf von einem Theile der Gegenstände, mit welchen sie zusammengebracht werden, je nachdem mehr oder weniger in den Gegenständen vom Gegentheil sich beimischt. Wo nun am wenigsten vom Gegentheil der Gerechtigkeit sich beimischt, sowol rücksichtlich des Zustandes als der Wirkung, da ist die Gerechtigkeit am mächtigsten. Und in Wahrheit kann sodann von ihr gesagt werden, wie der Philosoph sagt, weder Hesperus noch Lucifer ist so bewundernswürdig; sie ist nämlich dann der Phöbe ähnlich, wenn sie ihren Bruder auf dem Durchmesser anschaut, wegen der Purpurfarbe in der heiteren Morgenzeit. Was nun den Zustand betrifft, so hat die Gerechtigkeit bisweilen Widerstand am Wollen; denn wenn der Wille nicht von aller Begierde lauter ist, so wohnt die Gerechtigkeit, wenn sie gleich da ist, nicht im Glanz ihrer Reinheit; denn sie hat einen Gegenstand, der ihr, wenn auch noch so wenig, doch einigermaßen widersteht. Deswegen werden Diejenigen wohl zurückgewiesen, welche Willens sind den Richter zu ereifern. Was aber die Wirksamkeit betrifft, so hat die Gerechtigkeit einen Widerstand am Können; denn wenn die Gerechtigkeit eine auf einen Andern bezügliche Thatkraft oder das Vermögen ist, Jedem das Seine zukommen zu lassen, wie wird Jemand jener gemäß wirksam sein? Hieraus ergibt sich, daß, je mächtiger der Gerechte, um so umfassender seine Gerechtigkeit bei der Ausübung sein wird. Dieser Erklärung zufolge möge man so schließen: die Gerechtigkeit ist am mächtigsten in der Welt, wenn sie dem willfährigsten und mächtigsten Gegenstande innewohnt; von der Art ist allein der Monarch, also ist die dem Monarchen allein innewohnende Gerechtigkeit die mächtigste. Dieser Vorschluß geht nach der zweiten Figur mit innerer Verneinung, etwa so: Jedes b ist a, c allein ist a, also ist c allein b. Das heißt: Jedes b ist a, nichts als c ist a, also nichts als c ist b u. s. w. Der Vordersatz erhellt aus der vorhergehenden Erklärung. Der zweite erweist sich folgendermaßen, und zwar zuerst hinsichtlich des Wollens, sodann hinsichtlich des Könnens. Zur Beweisführung des ersten ist zu bemerken, daß der Gerechtigkeit am meisten die Begierde entgegen ist, laut Aristoteles im fünften Buch an den Nikomachus: Nach Wegräumung der Begierde steht der Gerechtigkeit weiter gar nichts entgegen; daher die Meinung des Philosophen ist, daß Alles, was durch das Gesetz bestimmt werden kann, keineswegs dem Richter überlassen werde. Und dies muß aus Besorgniß vor der Begierde geschehen, welche die menschlichen Gemüther leicht von der Bahn abführt. Wo also kein Wunsch möglich ist, da kann auch keine Begierde sein; denn nach Wegräumung der Gegenstände, müssen auch die Leidenschaften weichen. Aber für den Monarchen gibt es nichts zu wünschen: denn seine Gerichtsbarkeit beschränkt der Ocean allein; was sich nicht von den andern Herrschaften sagen läßt, deren Herrschaft von anderen begrenzt wird, z. B. die des Königs von Kastilien von der des Königs von Aragonien. Hieraus folgt, daß der Monarch unter den Sterblichen am lautersten Gerechtigkeit üben kann. Ferner, gleichwie die Begierde die zuständliche Gerechtigkeit einigermaßen, wenn auch noch so wenig, bewölkt, so wird sie durch die Liebe oder die richtige Werthachtung geschärft und erhellt. Wo also die richtige Werthachtung wohnen kann, da kann auch die Gerechtigkeit ihren vorzüglichsten Aufenthalt nehmen: von dieser Art ist der Monarch: also, wo er sich findet, da ist die Gerechtigkeit am mächtigsten, oder kann es sein. Daß aber die rechte Werthschätzung das Erwähnte thut, läßt sich hieraus ersehen. Die Begierde nämlich setzt die menschliche Gesellschaft hintenan und strebt nach Anderem, die Liebe aber sucht mit Verachtung alles Andern Gott und den Menschen, und folglich das Wohl des Menschen. Und da unter andern Gütern des Menschen es das wichtigste ist, in Frieden zu leben (wie oben gesagt wurde) und die Gerechtigkeit dies am meisten und am stärksten bewirkt, so wird die Gerechtigkeit am meisten durch die Liebe gekräftigt werden, und um so stärker, je stärker sie ist. Und daß dem Monarchen von den Menschen am meisten die rechte Werthschätzung innewohnen muß, ergibt sich folgendermaßen: Alles Werthzuschätzende wird um so mehr geschätzt, je näher es dem Schätzenden ist, aber die Menschen sind dem Monarchen näher als den andern Herrschern: also werden sie von ihm am meisten geschätzt oder müssen es. Das Erste ist offenbar, wenn man die Natur des Leidenden und des Thätigen in Betrachtung zieht. Das Zweite ist an sich klar, weil den übrigen Herrschern die Menschen nur zum Theil sich nähern, dem Monarchen aber insgesammt; und wiederum nähern sie sich den übrigen Herrschern durch den Monarchen und nicht im Gegentheil; und so wohnt dem Ersteren zufolge und unmittelbar dem Monarchen die Sorge für Alle inne, den übrigen Herrschern aber durch den Monarchen deswegen, weil deren Sorge von jenen höchsten Sorgen abwärtssteigt. Zudem, je nützlicher eine Ursache ist, desto mehr hat sie die Beschaffenheit der Ursache, weil die niedere Ursache nur vermöge der höheren Ursache Ursache ist, wie aus der Betrachtung der Ursachen hervorgeht. Und je mehr die Ursache Ursache ist, desto mehr schätzt sie den Erfolg, da eine solche Schätzung auf die Ursache von selbst folgt. Wenn also der Monarch unter den Sterblichen die nützlichste Ursache ist, damit die Menschen sich wohl befinden, weil die übrigen Herrscher es, wie gesagt, erst durch ihn sind, so folgt auch, daß das Wohl der Menschen von ihm am meisten geschätzt wird. Daß aber der Alleinherrscher am mächtigsten ist in der Rechtspflege, wer bezweifelt das, außer, wer dies Wort nicht versteht, da er als Monarch keine Feinde haben kann. Der Haupthülfssatz ist also hinreichend deutlich, weil der Schluß zuverlässig ist, nämlich daß zur besten Verwaltung der Welt die Monarchie nothwendig ist.



XII


Und das menschliche Geschlecht findet sein Glück zumal in der Freiheit. Dies wird durch den Urgrund der Freiheit klar werden. Man muß nämlich wissen, daß der Quell und Grund unsrer Freiheit in der Wahlfreiheit besteht, welche Viele im Munde, Wenige aber im Verständniß haben; denn sie gelangen wohl so weit, daß sie sagen, die Wahlfreiheit sei das freie Urtheil des Willens; und sie sprechen richtig, aber sie verstehen nicht, was in dem Ausdrucke liegt, wie es einige Denklehrer tagelang mit einigen Sätzen machen, die sie als Beispiel ihrem Vortrag einmischen, wie etwa, daß ein Dreieck drei Winkel hat, die zweien rechten gleich sind. Ich meine nämlich: Urtheil steht in der Mitte zwischen Auffassung und Begehrung. Denn zuerst wird eine Sache aufgefaßt, dann bestimmt das Urtheil, ob sie gut oder schlecht ist, und endlich strebt der Urtheilende nach ihr hin oder von ihr weg. Wenn also das Urtheil durchaus der Begehrung vorangeht, und nicht umgekehrt, so ist es frei. Wenn aber die Begehrung dem Urtheil zuvorkommt und es in Bewegung setzt, so ist es nicht frei, weil es nicht von sich selbst, sondern von einem Andern gefesselt und gezogen wird. Und so können die unvernünftigen Geschöpfe kein freies Urtheil haben, weil ihrem Urtheil stets die Begehrung zuvorkommt. Daher darf man auch schließen, daß die geistigen Wesen, deren Wille unveränderlich ist, sowie die abgeschiedenen vom Körper getrennten Seelen, wegen der Unveränderlichkeit ihres Willens die Wahlfreiheit nicht verlieren, sondern sie behalten sie im höchsten und vollkommensten Grade. Diese Einsicht aber überzeugt uns ferner, daß diese Freiheit, oder dieser Urquell unsrer ganzen Freiheit das größte der menschlichen Natur von Gott verliehene Geschenk ist, weil wir dadurch hier als Menschen und dort als Götter beglückt werden. Wenn sich dies nun so verhält, wer wird dann das menschliche Geschlecht nicht glücklich preisen, weil es vorzugsweise aus diesem Urquell schöpfen kann? Aber unter dem Alleinherrscher stehend ist es am freiesten. Hiebei ist zu bemerken, daß Das recht eigentlich frei ist, was seinetwegen und nicht eines Andern wegen da ist, wie der Philosoph in seiner Schrift über das an sich Seiende lehrt. Denn was eines Andern wegen da ist, das wird bestimmt von diesem Andern, wie ein Weg von seinem Ziel bestimmt wird. Das menschliche Geschlecht ist einzig unter einem Monarchen sein selbst wegen und nicht eines Andern wegen da. Denn dann allein werden Staaten falsch verwaltet, ich meine die Demokratieen, Oligarchieen und Tyranneien, weil sie die Menschen zu Sklaven machen, wie ein allgemeiner Ueberblick lehrt; und rechte Staatsverwalter sind die Könige, die Aristokraten, die man Optimaten nennt, und die Verfechter der Volksfreiheit. Denn da der Monarch die Menschen am meisten liebt, wie schon berührt, so will er, daß alle Menschen gut werden, was unter einer schlechten Staatseinrichtung nicht möglich ist, daher der Philosoph in seiner Staatslehre sagt, daß in einem schlechten Staate der gute Mensch ein schlechter Bürger ist, in einem guten aber der gute Mensch auch ein guter Bürger. Und dergleichen richtige Staatsverfassungen beabsichtigen die Freiheit, das heißt, daß die Menschen ihrer selbst wegen da sind. Denn die Bürger sind nicht wegen der Konsuln, und das Volk nicht wegen des Königs, sondern umgekehrt, die Konsuln wegen der Bürger, der König wegen des Volks. Und gleichwie der Staat nicht wegen der Gesetze, vielmehr die Gesetze wegen des Staates gemacht werden, so richten sich Die, welche nach dem Gesetz leben, nicht nach dem Gesetzgeber, sondern er vielmehr nach ihnen, wie auch der Philosoph in Dem sagt, was uns von ihm über den gegenwärtigen Gegenstand hinterlassen ist. Daraus folgt auch, daß, wenn gleich Konsul oder König, hinsichtlich des Wegs die Herren der Uebrigen, hinsichtlich des Zieles aber die Diener der Uebrigen sind, und das gilt zumal von dem Monarchen, der ohne Zweifel für den Diener Aller zu halten ist. Daraus kann schon einleuchten, daß der Monarch vermöge des ihm vorgesteckten Zieles der Gesetzgebung bestimmt wird. Also befindet sich das unter einem Alleinherrscher stehende Menschengeschlecht am besten. Woraus folgt, daß die Monarchie zum Wohl der Welt nöthig sei.



XIII


Ferner, wer am besten zum Herrschen eingerichtet sein wird, der kann Andere am besten einrichten. Denn bei jeder Handlung wird hauptsächlich dahin gestrebt von dem Handelnden, mag er aus Naturnothwendigkeit, oder ungehindert handeln, eine eigenthümliche Aehnlichkeit darzulegen, woher es kommt, daß alles Handelnde, in wie weit dies erreicht wird, Vergnügen empfindet. Denn da Alles, was ist, sein Dasein bezweckt und bei dem Handeln das Dasein des Handelnden gewissermaßen erweitert wird, so folgt nothwendig Vergnügen, weil mit der Erlangung des Begehrten immer Vergnügen verknüpft ist. Gar nicht handelt also nur Das, was unter der Bedingung vorhanden ist, daß es leidend zum Dasein gelangen muß. Deswegen sagt der Philosoph in seiner Schrift über das an sich Daseiende: Alles, was mit Gewalt zum Handeln gebracht wird, das wird es nur durch Etwas, das handelnd vorhanden ist. Denn wenn es anders eine Handlung vorzunehmen versucht, so ist der Versuch vergeblich. Bei dieser Gelegenheit können Diejenigen enttäuscht werden, welche durch gute Reden und schlechte Werke Andrer Leben und Sitten zu bessern glauben, ohne zu bedenken, daß Jakob?s Hände mehr als seine Worte überredeten, obgleich jene zum Falschen, diese zum Wahren überredeten. Daher der Philosoph an den Nikomachus die Worte richtet: In Allem, was Leiden und Handeln betrifft, flößen Reden weniger Glauben ein als Thaten. Daher erscholl es auch vom Himmel herab zum sündhaften David: Warum erzählst du meine Gerechtigkeit? als sollte dies heißen: Du sprichst vergebens, wenn du anders bist, als du sprichst. Hieraus folgt, daß Derjenige am besten eingerichtet sein muß, der Andre aufs Beste einrichten will. Aber der Monarch ist allein Der, welcher zum Herrschen am besten eingerichtet sein kann. Dies erhellt folgendermaßen: Ein jenes Ding wird um so leichter und vollkommner für einen Zustand oder für eine Thätigkeit eingerichtet, je weniger von Widerspruch gegen eine solche Einrichtung in ihr ist; weshalb Diejenigen leichter und vollkommner zu dem Besitz philosophischer Wahrheit gelangen, welche nie etwas hörten, als Diejenigen, welche zu Zeiten hörten und mit falschen Meinungen erfüllt sind. Deshalb sagt Galenus nicht übel, daß dergleichen Leute doppelte Zeit gebrauchen, um Kenntniß zu erlangen. Da nun der Monarch keine Gelegenheit zur Begierde haben kann, oder doch die menschenmindeste, wie oben gezeigt, was bei den übrigen Herrschern nicht der Fall ist, und die Begierde eben allein das Urtheil verderbt und die Gerechtigkeit hindert, so folgt, daß er völlig oder doch vorzüglich gut zum Herrschen eingerichtet ist, weil er unter den Uebrigen vorzugsweise Urtheile fällen und Gerechtigkeit üben kann. Diese beiden Geschäfte sind es aber, welche einem Gesetzgeber und Gesetzverwalter hauptsächlich zukommen, dem Zeugniß jenes hocheiligen Königs zufolge, als er das einem Könige und dem Sohne eines Königes Zukommende forderte. Gib, o Gott, sagte er, dem Könige dein Urtheil, und dem Sohne des Königs Gerechtigkeit. So ist es denn mit Recht gesagt, wenn es in dem Hülfssatze heißt, daß der Monarch allein Der ist, welcher zum Herrscher am besten eingerichtet sein kann. Also kann der Monarch allein Andre am besten einrichten. Und hieraus folgt, daß die Monarchie zum Heil der Welt nothwendig sei.



XIV


Und was durch Eins geschehen kann, das geschieht besser durch Eins als durch Mehreres. Dies erhellt so: das Eins, durch welches etwas geschehen kann, heiße a, und das Mehrere, durch welche es gleichfalls geschehen kann, heiße a und b. Wenn nun Dasselbe, was durch a und b geschieht, durch das a allein geschehen kann, so nimmt man b unnöthigerweise hinzu, wenn die Hinzunahme nichts mehr bewirkt, als was zuvor schon durch das bloße a bewirkt ward. Und wenn jede dergleichen Hinzunahme unnütz und überflüssig ist, und alles Ueberflüssige Gott und der Natur misfällt, und Alles, was Gott und der Natur misfällt, ein Uebel ist, wie sich von selbst versteht: so folgt, daß es nicht blos besser sei, es geschehe Etwas, sofern es geschehen kann, durch Einen, als daß es durch Mehrere geschehe; sondern, daß es durch Einen geschehe, ist gut, durch Mehrere ist übel an sich. Das Erstere wird besser genannt, weil es dem Besten näher steht und das bestimmte Ziel berücksichtigt. Aber daß es durch Einen geschieht, steht dem Ziel näher und ist demnach besser. Und daß es ihm näher steht, erhellt hieraus: die Aufgabe sei, c werde erreicht durch das eine a oder durch das Mehrere a und b; so ist deutlich, daß der Weg von a durch b nach c weiter sei, als blos von a nach c. Aber das menschliche Geschlecht kann von Einem Oberherrscher regirt werden, und das ist der Monarch, wobei freilich zu bemerken ist, daß der Ausdruck, das menschliche Geschlecht kann nur durch Einen obersten Herrscher regirt werden, nicht zu verstehen sei, als ob die kleinsten Rechtshändel eines jeden Städtchens von ihm allein unmittelbar entschieden werden könnten, wiewol auch die städtischen Gesetze bisweilen nicht zureichen und der Leitung bedürfen, wie der Philosoph sagt, wenn er im fünften Buch an den Nikomachus επιεικειαν empfiehlt. Denn Völkerschaften, Reiche und Bürgerschaften haben Eigenthümlichkeiten, die nicht durch gleiche Gesetze geregelt werden müssen. Denn das Gesetz ist die leitende Regel des Lebens. Anders müssen allerdings die Scythen geregelt werden, die jenseit des siebenten Himmelsstrichs leben, einer großen Ungleichheit der Tage und Nächte unterworfen sind und von einem unerträglichen Frost heimgesucht werden. Anders auch die Garamanten, die unter der Tag- und Nachtgleiche wohnen, stets ein der nächtlichen Finsterniß gleiches Tageslicht haben und wegen der übermäßig erhitzten Luft nackt gehen. Sondern der Sinn ist dieser, daß das menschliche Geschlecht dem Allen gemeinschaftlich Zukommenden gemäß von ihm regirt, und durch eine gemeinschaftliche Regel friedlich geleitet werde. Dieses Leitmaß oder Gesetz müssen die besonderen Herrscher von ihm empfangen, sowie etwa der handelnde Verstand zum wirkungsfähigen Schlusse den stärkeren Vorsatz von dem forschenden Verstande empfängt, und unter ihn den besondern, der sein eigen ist, aufnimmt und einzeln zur Wirksamkeit den Schluß macht. Und dies ist Einem nicht blos möglich, sondern muß von Einem ausgehen, damit jede Verwirrung über das Urnützliche verhütet werde. Daß dies durch ihn auch gethan sei, schreibt Moses selbst im Gesetze, der den aus den Zünften Israels hinzugenommenen Häuptlingen die niederen Gerichtsgeschäfte überließ, die höheren und gemeinschaftlichen aber sich allein vorbehielt, welcher gemeinschaftlichen sich die Häuptlinge in ihren Zünften je nach dem Bedürfniß einer jeder Zunft bedienten. So ist es denn besser, daß das Geschlecht der Menschen durch Eins regirt werde, als durch Mehreres, also durch einen Monarchen als einzigen Herrscher. Und so ist es besser und gottgefälliger, da Gott stets das Bessere will. Und wenn von diesen zwei Fällen nur eben dieser der bessere und der beste ist, so folgt, daß dieser von den beiden Fällen des Einen und des Mehreren Gott nicht allein gefälliger, sondern am gefälligsten sei. Daher steht es um das Menschengeschlecht am besten, wenn es von Einem regirt wird. Und so ist denn die Monarchie zum Heil der Welt nothwendig.



XV


Desgleichen sage ich, daß ein einziges Ding und ein gutes Ding sich stufenweise nach der ersten Redeweise verhalten. Denn die Natur bringt ein einziges Ding hervor, dies Eine aber als ein gutes. Denn sofern es am meisten ein Ding ist, ist es am meisten Eins, und sofern am meisten Eins, am meisten gut. Und um wie viel es sich davon entfernt, am meisten ein Ding zu sein, um so viel auch Eins zu sein und folglich gut zu sein. Denn in aller Art von Dingen ist das das beste, das am meisten Eins ist, wie der Philosoph behauptet in seiner Schrift von dem Sein an sich. Daher erscheint das Einssein als die Wurzel des Gutseins und das Vielsein als die Wurzel des Schlechtseins. Auch Pythagoras setzte in seinen Entgegenstellungen die Einheit auf die Seite des Guten, die Mehrheit aber auf die Seite des Bösen: wie zu ersehen in dem ersten Kapitel über das Sein an sich. Sündigen scheint daher nichts Andres zu sein als die Einheit verlassen und zur Vielheit übergehen, was auch der Psalmist bestätigt, wenn er sagt: durch die Frucht des Getreides, Weins und Oels haben sie sich vervielfältigt. Hieraus ergibt sich, daß Alles, was gut ist, dadurch gut ist, daß es aus der Einheit besteht. Und da die Eintracht, soweit sie es ist, etwas Gutes ist, so erhellt, daß sie aus einer Einheit, wie aus einer eigenen Wurzel bestehe, welche Wurzel klar werden wird, wenn man die Natur oder Beschaffenheit der Eintracht untersucht. Denn die Eintracht ist die gleichförmige Bewegung mehrerer Willenskräfte, in welcher Beschaffenheit liegt, der Begriff der Einheit der Willenskräfte durch gleichförmige Bewegung sei die Wurzel der Eintracht oder die Eintracht selbst. Denn sowie wir mehrere Schollen einträchtig nennen würden, weil sie alle nach dem Mittelpunkt sich neigen und mehrere Flammen, weil sie alle nach dem Umkreis emporsteigen, sofern sie mit freiem Willen begabt wären, so nennen wir mehrere Menschen einträchtig, sofern sie sich zugleich nach Einem Willen bewegen, denn dies ist die Form des Willens, sowie Eine Beschaffenheit der Form nach in den Schollen ist, nämlich die Schwere, und Eine in den Flammen, nämlich die Leichtigkeit. Denn die Willenskraft ist ein Vermögen, aber die Ergreifung des Guten ist als Aeußeres die Form. Diese Eine Form, gleichwie andre, vervielfacht sich freilich in sich nach der Vielheit des aufnehmenden Stoffes, z. B. die Seele und die Zahl, und andre die Zusammensetzung betreffenden Formen. Nachdem dies vorausgeschickt ist zur Erklärung des für die Aufgabe angenommenen Vordersatzes läuft der Beweis so: Alle Eintracht hängt von der Willenseinheit ab. Das menschliche Geschlecht ist, wenn es sich wohl befindet, gleichsam eine Eintracht; denn wie Ein sich wohl befindender Mensch sowol in Rücksicht der Seele als des Körpers eine Eintracht ist, und demgemäß ein Haus, eine Bürgerschaft, ein Reich: so auch die ganze Menschheit. Also hängt das Menschengeschlecht in seinem höchsten Wohlbefinden von der Willenseinheit ab. Aber dies ist nicht anders möglich, als wenn der Eine Wille der Gebieter und Vereiniger aller andern Willen ist, da der Wille des Menschen wegen der verführerischen Reize in der Jugend der Leitung bedarf, wie der Philosoph am Ende seiner Schrift an den Nikomachus. Und dieser kann nicht ein einziger sein, wenn nicht ein einziger Regirer Aller da ist, dessen Wille der Gebieter und Vereiniger aller übrigen sein kann. Wenn nun alle bisherigen Schlußfolgen wahr sind, wie sie es sind, so muß, damit das menschliche Geschlecht sich wohl befinde, nothwendig ein Monarch in der Welt sein, und folglich zum Wohle der Welt eine Monarchie.



XVI


Alle obigen Gründe bestätigt eine merkwürdige Erfahrung, nämlich jener Zustand der Menschen, welchen der Sohn Gottes, als er zum Heil des Menschen den Menschen anziehen wollte, entweder erwartete, oder, weil es sein Wille war, selbst anordnete. Denn wenn wir vom Fall der ersten Menschen, als dem Anfang unsers ganzen Irrweges, die Anordnungen der Menschen und die Zeiten durchblicken, so werden wir finden, daß nur unter dem göttlichen Augustus als Monarchen die Welt in einer vollkommenen Monarchie ruhig gewesen sei. Und daß das Menschengeschlecht damals glücklich war in der Ruhe des allgemeinen Friedens, das haben alle Geschichtschreiber, alle erlauchten Dichter, ja auch der Aufzeichner der Langmuth Christi für werth gehalten zu bezeugen. Endlich nannte auch Paulus jenen glücklichsten Zustand die Erfüllung der Zeit. Und in der That verdienten Zeit und alles Zeitliche den Ausdruck der Fülle, weil kein Geheimniß unsers Glückes eines Dieners ermangelte. Wie es aber mit dem Erdkreise bestellt gewesen sei, seitdem jenes unzerreißbare Gewand durch die Kralle der Begierde uranfänglich einen Riß erlitten habe, können wir theils lesen, theils, wollte Gott, nicht erblicken. O Menschheit, von welchen Stürmen und Verlusten, von welchen Schiffbrüchen mußt du heimgesucht werden, seitdem du ein vielköpfiges Ungeheuer geworden bist, auseinanderstrebst und deine Einsicht, die eine und die andere darniederliegt, und demgemäß auch der Trieb. Trotz unwiderleglicher Gründe achtest du nicht auf die höhere, trotz des Antlitzes der Erfahrung nicht auf die niedere Einsicht, aber auch nicht auf den Trieb trotz der Süßigkeit der göttlichen Anmahnung, wenn die Trommete des heiligen Geistes dir zuruft: Siehe, wie fein und lieblich ist es, daß Brüder einträchtig bei einander wohnen!




ZWEITES BUCH


I


Warum toben die Völker und reden die Leute so vergeblich? Die Könige im Lande lehnen sich auf, und die Herren rathschlagen mit einander wider den Herrn und seinen Gesalbten? Lasset uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihr Joch. Sowie wir der Ursache nicht ins Gesicht schauend einer neuen Wirkung uns gemeinschaftlich wundern, so sehen wir, nachdem sich die Ursache uns zeigte, auf Diejenigen, welche in der Verwunderung verharren, mit einer gewissen Verachtung herab. So wunderte ich mich auch einst, daß das römische Volk sich hier auf Erden, ohne Widerstand zu finden, an die Spitze gestellt habe, weil ich bei einer oberflächlichen Betrachtung desselben glaubte, daß es widerrechtlich und nur durch Gewalt der Waffen zu diesem Vorzug gekommen sei. Aber nachdem ich mit den Augen des Geistes tief in das Mark eindrang und mich die überzeugendsten Merkmale belehrten, daß dies der Wille der göttlichen Vorsehung war, trat an die Stelle der Verwunderung eine fast mit Spott verbundene Nichtachtung, wenn ich erfuhr, daß die Völker gegen diesen Vorrang des römischen Volkes gemurrt haben, wenn ich sehe, daß die Leute Eitles reden, wie ich selber that; wenn ich zumal die Könige und Fürsten bedaure, die in dem Punkt allein übereinkommen, daß sie sich gegen ihren Herrn und seinen gesalbten römischen Herrscher auflehnen. Deshalb kann ich nicht anders als verächtlich und nicht ohne Schmerz, wie der Psalmist für den Herrn des Himmels, so für das glorreiche Volk und den Kaiser ausrufen: Warum toben die Völker und reden die Leute so vergeblich? Die Könige im Lande lehnen sich auf und die Herren rathschlagen mit einander wider den Herrn und seinen Gesalbten. Aber weil die natürliche Liebe nicht zuläßt, daß der Spott lange anhalte, sondern gleich der Sommersonne, welche durch ihren Aufgang den Morgennebel zerstreut und mit Licht bestralt, des Spottes vergessend lieber das Licht des Heiles ausströmen will, um die Hüllen der Unwissenheit bei dergleichen Königen und Herren zu zerreißen und zu zeigen, daß das menschliche Geschlecht von ihrem Joche befreit sei, so will ich mit dem hochheiligen Propheten, ihm folgend, mich selbst ermahnen und weiter, wie folgt, mit ihm sprechen: Lasset uns zerreißen ihre Bande und ihr Joch von uns werfen. Und dies wird zur Genüge geschehen, wenn ich den zweiten Theil meines gegenwärtigen Vorhabens ausgeführt und die Wahrheit des in Rede stehenden Satzes dargethan haben werde. Denn durch den Beweis, daß die römische Herrschaft eine rechtmäßige gewesen sei, wird nicht allein von den Augen derjenigen Herrscher, welche in verkehrter Meinung über das römische Volk sich das Ruder des Staats anmaßen, der Nebel der Unwissenheit hinweggenommen werden, sondern die Menschen alle werden wieder erkennen, daß sie von dem Joche dieser Anmaßer frei sind. Die Wahrheit der Behauptung erhellt nicht allein durch das Licht der menschlichen Vernunft, sondern auch durch den Stral des göttlichen Ansehens. Da sich diese beiden vereinigen, muß Himmel und Erde gemeinschaftlich ihnen beipflichten. Daher gestützt auf das bezeichnete Vertrauen und auf das Zeugniß der Vernunft und der Offenbarung mich verlassend, schreite ich zur Untersuchung der zweiten Aufgabe.

Und so ist es denn, nachdem die Wahrheit des ersten Punktes, so weit der Stoff es erlaubt, genügend erwogen ist, meine Absicht, die zweite Frage, nämlich, ob das römische Volk die Würde des Kaiserthums rechtmäßig übernommen habe, in Betrachtung zu ziehen. Es wird aber vor Allem die Untersuchung vorauszuschicken sein, was denn eigentlich der Punkt sei, auf welchen die Gründe der gegenwärtigen Betrachtung, wie auf ihren Grund und Quell sich zurückbeziehen. So ist denn zu bemerken, daß, gleichwie sich bei der Kunst etwas Dreifaches findet, nämlich der Geist des Künstlers, das Werkzeug und der durch den Künstler gebildete Stoff, bei der Natur gleichfalls etwas Dreifaches statthabe, nämlich der Geist des ersten Bewegers, das heißt, Gottes, sodann der Himmel als gleichsam das Werkzeug der Natur, vermittelst dessen ein Bild der ewigen Güte sich dem fließenden Stoffe eindrückt. Und gleichwie unter Voraussetzung eines vollkommenen Künstlers und eines trefflichen Werkzeuges ein zufälliger Fehler an dem Kunstwerke nur dem Stoffe zuzuschreiben ist: so bleibt, da Gott im höchsten Grade vollkommen ist, und sein Werkzeug (der Himmel) keinem Mangel an hinreichender Vollkommenheit unterworfen ist, wie aus unsern Untersuchungen über den Himmel hervorgeht, nichts übrig, als daß jeder Fehler an den irdischen Dingen in dem dabei zum Grunde liegenden Stoffe sich befinde und von Gott und dem Himmel nicht beabsichtigt sei, und daß andererseits alles Gute an den menschlichen Dingen, da es von dem Stoffe selbst nicht herrühren könne, von Gott als dem Künstler, bei dem die urerste Gewalt ist, und demnächst von dem mitwirkenden Himmel herrühre als dem Werkzeug des göttlichen Kunstwerkes, das wir insgemein die Natur nennen. Hieraus leuchtet schon hervor, daß das Recht, da es etwas Gutes ist, dem göttlichen Geiste eignet, und da Alles, was im Geiste Gottes ist, Gott ist (laut Ausspruches: die That ist das Leben des Thäters) und Gottes Wille sich am meisten auf ihn selbst bezieht, so folgt, daß das Recht von Gott sintemal es in ihm ist, gewollt sei. Und da der Wille und das Gewollte in Gott eins und dasselbe ist, so folgt weiter, daß der göttliche Wille das Recht selbst sei. Und abermals folgt hieraus, daß das Recht in den Dingen nichts Anderes sei als ein Bild des göttlichen Willens. Daher kommt es, daß Alles, was mit dem göttlichen Willen nicht übereinstimmt, selbst nicht Recht sein kann, und Alles, was mit dem göttlichen Willen übereinstimmt, selbst Recht ist. Untersuchen, ob etwas mit Recht geschehen sei, heißt also, wenn gleich mit andern Worten doch nichts anderes, als ob es nach Gottes Willen geschehen sei. So darf man demnach voraussetzen, daß Das, was Gott in der menschlichen Gesellschaft will, für ein wahres und lauteres Recht zu halten sei. Außerdem muß man sich erinnern, daß, wie der Philosoph in den ersten Büchern an den Nikomachus lehrt, nicht jeder einzelne Stoff dieselbe Sicherheit gewährt, sondern nur in dem Maße, als es die Beschaffenheit des besondern Dinges zuläßt. Hiefür werden sich nach Auffindung der Grundursache hinlängliche Beweise vorfinden, wenn aus den offenkundigen Zeichen und den Aussprüchen der Weisen das Recht jenes ruhmvollen Volkes in Betrachtung kommt. Der Wille Gottes ist freilich an sich unsichtbar, und Gottes unsichtbarer Wille läßt sich nur durch seine Werke vermöge des Geistes erblicken. Denn ist gleich sein Siegelring verborgen, so gibt das von ihm beprägte Wachs trotz der Verborgenheit offenbares Zeugniß. Auch ist es kein Wunder, wenn der göttliche Wille an den Abdrücken erscheint, daß auch der menschliche ohne den Wollenden nur an den Abdrücken erkannt werde.

Die Behauptung nun, daß das römische Volk rechtmäßig und ohne Anmaßung das Amt des Monarchen, oder das Kaiserthum, ausschließlich übernahm, wird zuerst folgendermaßen bewiesen. Dem edelsten Volke kommt es zu, allen andern vorgezogen zu werden. Das römische Volk war das edelste; folglich kommt es ihm zu, allen andern vorgezogen zu werden. Denn, dies müssen wir hinzunehmen, da die Ehre die Belohnung der Tugend und jede Bevorzugung eine Ehre ist, so ist jede Bevorzugung eine Belohnung der Tugend. Aber es ist bekannt, daß Menschen durch das Verdienst der Tugend geadelt werden, nämlich der eigenen Tugend oder der ihrer Vorfahren. Denn unter Adel versteht man Tugend und alten Reichthum, dem Philosophen in der Redekunst gemäß. Auch laut Juvenal:

      – – – Adel ist eins, desgleichen ist eines die Tugend.

Diese beiden Ausdrücke beziehen sich auf einen doppelten Adel, den eigenen und den der Vorfahren. Den Edlen also ist der Ursache gemäß der Lohn der Bevorzugung angemessen. Und da die Belohnung den Verdiensten anzumessen sind laut des evangelischen Spruches: Mit demselben Maaße, womit ihr meßt, sollet ihr wieder gemessen werden, so ziemt dem Edelsten der größte Vorzug. Für den Untersatz aber sprechen die Zeugnisse der Alten. Denn unser göttlicher Dichter Virgil bezeugt zum ewigen Andenken die ganze Aeneide hindurch, daß der glorreiche König Aeneas der Vater des römischen Volkes gewesen sei, und Titus Livius, der ausgezeichnete Beschreiber der römischen Thaten, stimmt ihm bei im ersten Theil seines Werkes, das von der Eroberung Trojas beginnt. Von welchem Adel aber dieser so milde und fromme Vater gewesen sei, nicht nur anlangend seine eigene Tugend, auch die seiner Vorfahren und seiner Gemahlinnen, deren beiderseitiger Adel durch Erbrecht auf ihn überging, möchte ich nicht auseinderzusetzen vermögen; ich will nur den Spuren obenhin folgen. In Betreff also seines eigenen Adels ist unser Dichter zu vernehmen, der in dem ersten Buche der Ilioneus also sprechen läßt:

König war uns Aeneas, dem nicht in Gerechtigkeit Einer, Nicht in Frömmigkeit ja, noch in Krieg und Waffen zuvorging.

Zu vernehmen ist derselbe im sechsten Buche, der, als vom Tode des Misenus, des ehemaligen Kriegsgenossen des Hektor und nachmaligen Kriegsgenossen des Aeneas spricht, den Misenus als Einen schildert, der selber sich nicht herabgesetzt habe, indem er den Aeneas mit dem Hektor vergleicht, dem von Homer vor Allen gepriesenen, wie der Philosoph berichtet in dem Abschnitte über das in sittlicher Hinsicht zu Vermeidende an den Nikomachus. Was aber den geerbten Adel betrifft, so findet sich, daß jeglicher Theil des dreigetheilten Erdkreises sowol durch Ahnherren als durch Gattinnen ihn geadelt habe; Asien nämlich durch nähere Altvordern, z.B. den Assarakus, und Andere, welche in Phrygien herrschten, einer asiatischen Landschaft, weshalb unser Dichter im dritten Buche sagt:

Als nun Asiens Macht und dem Priamus Götterentscheidung Sein unschuldiges Volk ausrottete –

Europa aber durch jenen uralten Dardanus, und auch Afrika durch die Urmutter Elektra, die Tochter des Atlas, des Königs von großem Rufe; wie von Beiden unser Dichter im achten Buche zeugt, wo Aeneas zum Evander also spricht:

Dardanus, Ahn und Stifter der ilischen Veste vor Alters, Sohn, wie der Grajer erzählt, der atlantischen Heldin Elektra –

Daß aber Dardanus von der Europa abstammte, singt unser Seher im dritten Buche folgendermaßen:

Westlich liegt ein Land, Hesperia nennt es der Grajer,
Alternden Ruhms, durch Waffen gelobt und ergiebige Scholle,
Einst vom önotrischen Volke bewohnt; nun, sagt man, die Jüngern
Nannten es Italerland, von Italus' Namen, des Führers.
Dort wird eigener Sitz uns, und Dardanus stammet von dorther.

Daß aber Atlas aus Afrika war, deß zeugt der dortige Berg durch seinen Namen, den Orosius in seiner Beschreibung der Erde nach Afrika versetzt mit den Worten: Die äußerste Grenze ist aber daselbst der Berg Atlas und die sogenannten glücklichen Inseln. Daselbst, das heißt, in Afrika, weil er von diesem Erdtheil sprach. Desgleichen finde ich, daß er auch durch eheliche Verbindung geadelt war; denn seine erste Gemahlin war Kreusa, die Tochter des Königs Priamus in Asien, wie aus dem oben Angeführten hervorgeht. Und daß sie seine Gemahlin war, bezeugt unser Dichter im dritten Buche, wo Andromache den Aeneas als Vater nach seinem Sohne Askanius so fragt:

Was denn macht dein kleiner Askanius? Lebt er und athmet? Den dir, als Troja bereits aufflammte, Kreusa geboren?

Die zweite war Dido, die Königin und Mutter der Karthager in Afrika. Und daß sie seine Gattin war, bezeugt derselbe Dichter im viertem Buche, wenn er von der Dido sagt:

Und nicht heimliche Freuden ersinnt die schmachtende Dido; Ehe nennt sie es, also wird Schuld durch Namen beschönigt.

Die dritte war Lavinia, die Mutter der Albaner und Römer, und des Königs Latinus Tochter zugleich und Erbin, laut Zeugnisses unsers Dichters im letzten Buch, wo er den besiegten Turnus sich so flehend an den Aeneas wenden läßt:

– – Du siegtest: und daß ich besiegt ausstreckte die Hände. Sah der Ausonier Heer. Dir ist Lavinia Gattin.

Diese letzte Gattin war aus Italien, dem edelsten Lande von Europa. Wer ist nun nach dem Erweis des Untersatzes nicht vollkommen überzeugt, daß der Vater des römischen Volkes und folglich das römische Volk selbst das edelste unter dem Himmel gewesen sei? Oder wer kann bei jenem doppelten Zusammenfluß des Blutes aus jedem Theil der Erde auf einen einzigen Mann die göttliche Vorausbestimmung verkennen?

Auch daß zu seiner Vollendung die Beistimmung der Wunder ihm zu Hülfe kommt, ist von Gott gewollt, und geschieht folglich mit Recht, und daß dies wahr sei, ist augenscheinlich. Denn Thomas sagt in seinem dritten Buche gegen die Heiden: Wunder ist, was gegen die den Dingen insgemein inwohnende Ordnung von Gott geschieht. Daher billigt er es auch, daß es allein Gott zukomme, Wunder zu thun, und dies wird ferner erhärtet durch die Worte des Moses bei Gelegenheit der Läufe, wenn er die Magier des Pharao, welche sich der Naturgesetze verschlagen bedienten, hier aber nichts ausrichten konnten, sagen läßt: Das ist Gottes Finger. Wenn also das Wunder eine unmittelbare Wirkung der Urkraft ist ohne Mitwirkung der Hülfskräfte, wie Thomas selbst in dem angezogenen Buche sattsam darthut, sofern es zu Gunsten eines Menschen angewandt wird: so ist es Frevel zu behaupten, Dasjenige, dem eine solche Gunst erzeigt wird, sei nicht von Gott, gleichsam eine von ihm zuvorbedachte Gewogenheit, vermöge deren es ihm gefiel einen Widerspruch mit sich selbst zuzulassen. Dem römischen Reiche kam zu seiner Vollendung die Beistimmung der Wunder zu Hülfe; es ist demnach von Gott gewollt, und folglich mit Recht so geschehen und besteht noch. Daß aber Gott zur Vollendung des römischen Reiches Wunder gethan hat, wird durch die Zeugnisse erlauchter Schriftsteller bestätigt. Denn als Numa Pompilius, der zweite König der Römer, nach heidnischem Gebrauche opferte, soll ein Schild vom Himmel in die von Gott auserwählte Stadt gefallen sein nach dem Zeugniß des Livius im ersten Theil, welches Wunders Lucan im neunten Buche der Pharsalien gedenkt, indem er die unglaubliche Gewalt des Südwindes, welchen Lybien zu leiden hat, beschreibt mit folgenden Worten:

                                         So stürzten hernieder Jene dem Opferer Numa gewiß, die der Jünglinge Auswahl Trägt mit patricischem Nacken; es hatte der Süd sie geraubet Oder der Nordwind Völkern, die unsre Ancilien tragen.

Und als die Gallier schon die Stadt erobert hatten, und auf die Finsterniß der Nacht sich verlassend, heimlich zum Kapitolium hinanstiegen, das allein noch dem völligen Untergange des römischen Namens entgangen war, soll nach dem übereinstimmenden Zeugniß des Titus Livius und vieler andern erlauchten Schriftsteller eine daselbst zuvor nicht gesehene Gans die Ankunft der Gallier durch ihren Ruf angezeigt und die Wächter zur Vertheidigung des Kapitoliums angespornt haben, welches Ereignisses auch unser Dichter gedachte, als er den Schild des Aeneas im achten Buche beschrieb, und zwar so:

Oben stand, zur Hut des tarpejischen Hortes bestellet,
Manlius, welcher den Tempel und dich, Kapitolium, schützte;
Frisch war das Königshaus mit romulischem Halme gedecket.
Siehe, die silberne Gans durchflatterte goldene Hallen,
Aengstlichen Flugs, ankündend, die Gallier sei’n an der Schwelle.

Daß aber, als der römische Adel vor dem Drange Hannibal’s dahinsank, und als die Punier nur noch eines Angriffes bedurften, um Rom von Grund aus zu vertilgen, die Sieger durch ein plötzliches und unerträgliches Hagelwetter abgehalten wurden, ihren Sieg bis zur Stadt zu verfolgen, erzählt Livius unter andern Ereignissen in seiner Beschreibung des punischen Krieges. War nicht Clölia’s Flucht wunderbar, als sie, ein Weib und zwar gefangen bei der Belagerung von Porsenna, die Ketten zerbrach und mit Gottes wundersamem Schutze die Tiber durchschwamm, wie fast alle Geschichtsschreiber Roms zu ihrem Ruhme melden? So ziemte es freilich Dem zu verfahren, der Alles in Schönheit und Ordnung von Ewigkeit vorhersah, damit er, der da sichtbar war, um Wunder statt des Unsichtbaren zu offenbaren, zugleich unsichtbar statt des Sichtbaren jenes offenbarte.

Jeder, der überdies das Wohl des Staates beabsichtigt, der beabsichtigt auch den Zweck des Rechtes, und daß dieser Schluß zu machen sei, erweist sich so. Das Recht ist die sächliche und persönliche Angemessenheit des Menschen zum Menschen, dessen Aufrechterhaltung die menschliche Gesellschaft aufrechterhält und das Verderbte verderbt. Denn jene Sammlung von Rechtsschriften oder Digesten bestimmt nicht, was Recht ist, sondern bezeichnet es nur durch die Kunde von der Anwendung desselben. Wenn also jene Begriffsbestimmung das Was und Warum wohl in sich begreift, und wenn der Zweck jeder gesellschaftlichen Vereinigung das gemeinsame Wohl der Theilnehmer ist, so muß der Zweck jedes Rechtes das gemeinsame Wohl sein, und so kann Das unmöglich Recht sein, was nicht auf das gemeinsame Wohl gerichtet ist. Deswegen sagt auch Tullius im ersten Buche der Redekunst richtig: Immer sind die Gesetze auf das Wohl des Staates zu beziehen. Wenn die Gesetze nicht auf das Wohl Derer, die unter dem Gesetze stehen, hingerichtet sind, so sind es nur dem Namen nach Gesetze, in der That können es aber nicht Gesetze sein. Denn die Gesetze müssen die Menschen wegen allgemeinen Nutzens mit einander verknüpfen. Deswegen nennt Seneka in dem Buche über die vier Tugenden das Gesetz sehr passend ein Band der menschlichen Gesellschaft. Es leuchtet also ein, daß, wer das Wohl des Staates, auch den Zweck des Rechtes im Auge hat. Wenn also die Römer das Wohl des Staates beabsichtigten, so läßt sich mit Wahrheit sagen, daß sie den Zweck des Rechtes beabsichtigen. Daß aber das römische Volk das bezeichnete Wohl im Auge hatte, als es sich den Erdkreis unterwarf, das predigen seine Thaten, bei welchen fern von aller Begierde, die dem Staate immer abgewandt ist, und mit freisinniger Hinneigung zum allgemeinen Frieden, jenes heilige, fromme und glorreiche Volk seine eigenen Vortheile vernachlässigt zu haben scheint, um dem öffentlichen Wohle des menschlichen Geschlechtes zu dienen. Daher steht mit Recht geschrieben: Das römische Reich ist aus dem Quell der Frömmigkeit hervorgegangen. Aber weil über die Absicht aller wahlmäßig Handelnden nichts offenbar, sondern in dem Geiste des Beabsichtigers beschlossen ist, ausgenommen durch äußere Zeichen, und die geschichtlichen Zeugnisse nach dem zum Grunde liegenden Stoffe, wie oben gesagt, zu beurtheilen sind: so wird es hier genügen, wenn über die Absicht des römischen Volkes die unbezweifelbaren Zeichen sowol an den gesellschaftlichen Vereinen als an einzelnen Personen aufgezeigt werden. Hinsichtlich der Vereine, durch welche die Menschen mit einem gewissen Rechte an den Staat pflichtmäßig geknüpft sind, genügt schon allein der Ausspruch des Cicero im zweiten Buch über die Pflichten. So lange, sagt er, die Herrschaft sich durch gute, nicht durch schlechte Thaten mit dem Staate verband, gab es nur Kriege für die Bundesgenossen oder für die Herrschaft: das Ende der Kriege war entweder mild oder nothwendig, ein Hafen, ein Zufluchtsort für Könige, Völker und Völkerschaften. Unsere Rathsherren aber und Obrigkeiten und Kriegsobersten suchten besonders durch billige und getreue Vertheidigung der Landschaften und der Bundsgenossen sich Ruhm zu erwerben, und dieses Verhältniß konnte daher mehr eine Vormundschaft über den Erdkreis als eine Herrschaft genannt werden. So weit Cicero. Ueber einzelne Personen aber will ich mich kurz fassen. Muß man aber nicht sagen, daß Diejenigen das allgemeine Wohl beabsichtigten, welche es unternahmen mit Schweiß, mit Armuth, mit Verbannung, mit Trennung von ihren Kindern, mit Verlust von Gliedern, ja mit dem Opfer ihres Lebens das öffentliche Wohl zu befördern? Hinterließ uns nicht Cincinnatus ein hochheiliges Vorbild, indem er, der vom Pfluge zur Diktatur berufen wurde, nach vollendetem Geschäfte seine Würde freiwillig niederlegte, wie Livius erzählt? Und nach dem Siege, nach dem Triumphe lieferte er den Feldherrenstab den Consulen wieder aus und kehrte zur Pflugsterze hinter seine Ochsen zurück. Seiner Großthat war denn auch Cicero eingedenk, als er in seiner Schrift gegen den Epikur über das höchste Gut spricht. Daher, sagt er, führten auch unsere Vorfahren jenen Cincinnatus vom Pfluge weg, daß er Diktator sei. Gab uns nicht Fabricius ein anderes Muster im Widerstande gegen die Habsucht, als er, ein unbegüterter Mann, aus Gewissenhaftigkeit gegen den Staat eine schwere ihm dargebotene Last Goldes belächelte und mit geziemenden Worten die belächelte verachtete und zurückwies? Sein Angedenken schärfte unser Dichter im sechsten Buche durch die Worte:

                     Fabricius, mächtig im Kleinen –

War nicht Camillus ein unvergeßliches Vorbild, daß man die Gesetze dem eigenen Vortheil vorziehen müsse, der, dem Livius zufolge, in das Elend verwiesen, nachdem er die belagerte Vaterstadt befreite, auch die römische Beute an Rom zurückerstattete und trotz dem Widerstreben des Volkes die heilige Stadt verließ und nicht eher heimkehrte, als bis ihm die Erlaubniß dazu von Senatswegen überbracht wurde? Und auch diesen hochherzigen Mann preist der Dichter im sechsten Buch mit den Worten:

               Den Bringer verlorner Fahnen Camillus.

Lehrte nicht jener ältere Brutus, daß Söhne und alle Andern der Freiheit des Vaterlandes nachzustellen sind, von dem Livius sagt, daß er als Consul die eigenen mit den Feinden verschworenen Söhne dem Tode überlieferte? Auch dessen Ruhm erneuert das sechste Buch unsers Dichters durch die Verse:

Und es wird die Krieg erneuernden Söhne der Vater
Selber zur Straf’ herrufen, die heilige Freiheit beschützend.

Was für das Vaterland gewagt werden müsse, davon überzeugt uns Mucius, als er den unvorsichtigen Porsenna anfiel und sodann die Hand, welche geirrt hatte, mit demselben Blick, womit er die Marter eines Feindes betrachten würde, im Feuer verkohlen sah, was ebenfalls Livius mit Bewunderung bezeugt. Dazu kamen die hochheiligen Decier, die für das Wohl des Vaterlandes ihre Seelen zum Opfer brachten, wie Livius nicht zwar nach Würden, doch aber nach Vermögen verherrlichend preist. Dazu kommt auch jenes unaussprechliche Opfer der beiden strengsten Beschützer der Freiheit, Marcus Cato, von denen der eine zum Heil des Vaterlandes vor den Schatten des Todes nicht erbebte, der andere, um die Welt zur Freiheitsliebe zu entflammen, den hohen Werth der Freiheit darstellte, indem er das Leben lieber mit Freiheit verlassen, als ohne Freiheit in ihm länger bleiben wollte. Aller Dieser herrlicher Name flammet neu auf in Tullius’ Ruf; denn in seiner Schrift über das höchste Gut sagt er von den Deciern: Publius Decius, der erste Consul seines Geschlechtes, stürzte, als er sich aufopferte, mit verhängtem Zügel mitten in die Schlachtreihe der Latiner: dachte er etwa an sein Vergnügen, wo er sie angriffe und wann? da er wußte, daß er augenblicklich sterben müsse, und als er diesen Tod mit brennenderem Eifer suchte, als Epikur dem Vergnügen nachtrachten zu müssen glaubte. Wenn diese That nun nicht mit Recht gepriesen wäre, würde sie der Sohn nicht in seinem vierten Consulat nachgeahmt haben, und nicht fernerhin dessen Sprößling, als Consul gegen den Phyrrus Krieg führend, im Treffen gefallen sein und sich, und zwar in ununterbrochener Reihe seines Geschlechtes, dem Staate als drittes Opfer dargebracht haben. – In seiner Schrift über die Pflichten sagt er aber von Cato: Nicht anders war die Sache des M. Cato, anders die der Uebrigen, welche sich in Afrika dem Cäsar auslieferten; und an den Uebrigen würde man es vielleicht getadelt haben, wenn sie sich getödtet hätten, weil ihr Leben unbedeutender und ihre Sitten leichterer Art waren. Cato aber, dem die Natur einen ungewöhnlichen Ernst verliehen und ihn durch eine ununterbrochene Beharrlichkeit gekräftigt hatte, und der einen einmal gefaßten Vorsatz und Entschluß niemals hatte fahren lassen, mußte lieber sterben, als das Antlitz eines Tyrannen schauen.

Zweierlei ist also aufzuhellen, einmal, daß, wer das Wohl des Staates beabsichtigt, den Zweck des Rechtes beabsichtigt, sodann, daß das römische Volk, als es sich den Erdkreis unterwarf, das öffentliche Wohl im Auge hatte. Schließen wir denn so: Wer den Zweck des Rechtes beabsichtigt, verfährt mit Recht: das römische Volk beabsichtigte den Zweck des Rechtes, als es sich den Erdkreis unterwarf, wie in diesem Kapitel zuvor deutlich gezeigt ist: Also unterwarf sich das römische Volk den Erdkreis mit Recht, und eignete sich folglich die Würde der Herrschaft mit Recht zu. Dieser Schluß ergibt sich aus lauter offenkundigen Sätzen. Einleuchtend ist erstlich, daß, wer den Zweck des Rechtes im Auge hat, mit Recht verfährt. Zum Erweis dieses Satzes ist zu merken, daß Alles seinen Zweck hat, sonst wäre es müßig; letzteres darf er nach Obigem nicht sein. Und wie Alles seinen besondern Zweck hat, so hat jeder Zweck seine besondere Sache, deren Zweck er ist. Daher ist es unmöglich, daß zwei Dinge, an sich genommen, sofern sie zwei sind, denselben Zweck beabsichtigen; denn es würde daraus eben die Ungereimtheit folgen, daß eins von beiden unnütz wäre. Wenn also das Recht einen Zweck hat, wie schon dargethan ist, so muß nach Voraussetzung jenes Zweckes das Recht auch angenommen werden, da er der besondere und an sich eine Wirkung des Rechtes ist. Und da es bei jeder Schlußfolge unmöglich ist, das Vorhergehende ohne das Nachfolgende anzunehmen, z. B. den Menschen ohne das Thier, wie aus dem Bauen und Einreißen hervorgeht: so ist es unmöglich, den Zweck des Rechtes zu suchen ohne das Recht, da jedes Ding sich zu seinem besondern Zwecke verhält wie das Nachfolgende zu dem Vorhergehenden. Denn es ist unmöglich, kräftige Glieder zu haben ohne Gesundheit. Deswegen ist klar und deutlich, daß, wer den Zweck des Rechtes beabsichtigt, ihn mit dem Recht beabsichtigen muß; auch gilt nicht der Einwurf, der aus den Worten des Philosophen, welcher die Eubulie behandelt, entlockt zu werden pflegt; denn er sagt, aber auch dies mit einem falschen Schlusse: Das Erlangen, was es erlangen muß, muß es erlangen: wodurch aber, nicht: sondern daß der Mittelbegriff falsch sei. Denn wenn aus falschen Schlüssen etwas Wahres gefolgert wird, so geschieht dies zufällig, insofern dies als Wahres hereingebracht wird durch die Worte der Einführung; denn an sich folgt Wahres niemals aus Falschem, Zeichen des Wahren folgen aber allerdings aus Zeichen, welche Zeichen des Falschen sind. So auch bei Verrichtungen; denn wenn gleich ein Dieb mit dem diebisch Entwandten einen Armen unterstützte, so kann man dies doch nicht ein Almosen nennen, sondern es ist eine Handlung, die, wenn sie von eigenem Besitze geschähe, die Form des Almosens hätte. Auf ähnliche Weise ist es mit dem Zwecke des Rechtes, weil, wenn etwas Anderes, als ob es der Zweck des Rechtes wäre, ohne Recht erlangt würde, so wäre es auf diese Art der Zweck des Rechtes, das ist, das allgemeine Wohl; sowie die Spende von dem schlecht Erworbenen ein Almosen ist, und so ist es also kein Einwurf, wenn in dem Satze von dem vorhandenen, aber nicht erscheinenden Zwecke des Rechtes die Rede ist. Es ist also klar, was untersucht wurde.

Und Das, was die Natur anordnete, wird mit Recht bewahrt; denn die Natur läßt in ihrer Fürsorge nicht ab von der Fürsorge für den Menschen, weil, wenn sie abließe, die Ursache von der Wirkung an Güte übertroffen würde, was unmöglich ist. Aber wir sehen, daß in der Einrichtung von Amtgenossenschaften nicht blos die Ordnung der Amtsgenossen unter einander von dem Gründer, sondern auch die Fähigkeit derselben für die Verwaltung der Geschäfte erwogen wird. Dies ist das Erwägen des Ziels des Rechtes in der Amtsgenossenschaft oder in der Ordnung; denn das Recht wird nicht über die Kraft ausgedehnt. Von dieser Fürsorge läßt also die Natur nicht ab in ihren Anordnungen. Daher ist klar, daß die Natur die Dinge mit Rücksicht auf ihre Fähigkeiten ordnet: diese Rücksicht ist die in den Dingen und in der Natur befindliche Grundlage des Rechtes. Hieraus folgt, daß die natürliche Ordnung in den Dingen ohne das Recht nicht erhalten werden kann, da die Grundlage des Rechts mit der Ordnung unzertrennlich verknüpft ist. Es ist also nothwendig, daß Alles, was die Natur geordnet hat, durch das Recht bewahrt werden muß. Das römische Volk war von der Natur zum Herrscher angeordnet, was aus Folgendem erhellt. Wie der von der Vollkommenheit der Kunst abließe, der nur den Zweck der Form im Auge hätte, sich um die Mittel, durch welche sie zur Form gelangte, nicht bekümmerte: so die Natur, wenn sie blos die allgemeine Form der göttlichen Aehnlichkeit im Weltall beabsichtigte, die Mittel aber vernachlässigte. Aber die Natur läßt in keiner Sache von der Vollkommenheit ab, da sie ein Werk des göttlichen Verstandes ist: also hat sie alle Mittel im Auge, wodurch sie bis an das Ende ihrer Absicht gelangt. Wenn also der Zweck des menschlichen Geschlechtes ein nothwendiges Mittel ist zu dem allgemeinen Zwecke der Natur, so muß die Natur diesen selbst beabsichtigen. Deswegen behauptet der Philosoph in dem zweiten Buch über den natürlichen Vortrag richtig, daß die Natur immer des Zweckes wegen handle. Und weil die Natur diesen Zweck nicht durch Einen Menschen erreichen kann, da es vieler Verrichtungen dafür bedarf, welche eine Menge von verrichtenden Personen erfordern, so muß die Natur eine Menge von Menschen hervorbringen für die Verrichtung der Anordnungen, wozu außer dem höheren Einflusse die Kräfte und Eigenschaften der unteren Orte viel beitragen. Daher sehen wir, daß nicht blos einzelne Menschen, sondern auch Völker mit der Fähigkeit des Regirens, andere mit der Unterwürfigkeit und des Dienens geboren sind, wie der Philosoph in seinen Werken über die Staatskunst äußert; und dergleichen Völkern ist es, wie er selbst sagt, nicht blos paßlich, sondern es geschieht ihnen auch Recht, wenn sie regirt werden, auch wenn sie dazu gezwungen würden. Wenn sich dies so verhält, so läßt sich nicht zweifeln, daß die Natur einen Ort und ein Volk in der Welt zur allgemeinen Herrschaft bestimmt hat: sonst hätte sie es fehlen lassen, was unmöglich ist. Welcher Ort aber und welches Volk dies sei, erhellt aus dem Vorigen und aus dem Folgenden sattsam, nämlich Rom, und die Bürger Roms oder das Volk. Dies deutete auch unser Dichter sehr bestimmt an im sechsten Buche, wenn er dem Anchises folgende Mahnung an den Aeneas, den Vater der Römer, in den Mund legt:

Andere gießen vielleicht geründeter athmende Erze,
Oder entzieh’n, ich glaub’ es, beseeltere Bildung dem Marmor;
Besser kämpft vor dem Richter ihr Wort, und die Bahnen des Himmels
Zeichnet genauer ihr Stab, und verkündiget Sternen den Aufgang.
Du, o Römer, beherrsche des Erdreichs Völker mit Obmacht;
(Dies sei’n Künste für dich!) du gebeut Anordnung des Friedens;
Demuthsvoller geschont und Trotzige niedergekämpfet!

Die Angabe des Ortes findet sich aber eben so bestimmt im vierten Buche, wenn er den Jupiter zu dem Merkur über den Aeneas sagen läßt:

Nicht ja verhieß uns jenen die schöne Gebärerin also,
Und entzog ihn daher zweimal den pelasgischen Waffen;
Nein, der Italia einst voll keimender Herrschaft und Kriegslust
Ordnete. –

Hieraus geht hinlänglich die Ueberzeugung hervor, daß das römische Volk von der Natur zur Herrschaft berufen war. Also gelangte das römische Volk durch Unterwerfung des Erdkreises mit Recht zur Herrschaft.

Zur richtigen Auffindung der Wahrheit dieses Satzes muß man auch wissen, daß das göttliche Urtheil darüber den Menschen bisweilen bekannt, bisweilen verborgen ist. Offenbar kann es auf doppelte Art sein, nämlich durch Vernunft und durch Glauben. Denn es gibt einige Urtheile Gottes, zu welchen die menschliche Vernunft aus eigener Kraft gelangen kann; ein solches ist z. B., daß der Mensch zum Wohl des Vaterlandes sich selbst preisgebe oder aufopfere. Denn wenn der Theil sich zum Wohl des Ganzen opfern muß, so muß der Mensch als Theil des Staates, wie der Philosoph in seiner Staatskunst sagt, sich als das Mindergute für das Bessere für das Vaterland aufopfern. Daher spricht der Philosoph zum Nikomachus: daß dies zwar lieblich und auch für den Einzelnen das Bessere, für Volk und Staat aber etwas Göttliches sei. Und dies Urtheil Gottes ist erkennbar: auf andere Weise würde die menschliche Vernunft auf ihrem geraden Wege die Absicht der Natur nicht erreichen, was unmöglich ist. Es gibt aber auch Rathschlüsse Gottes, zu welchen sich die menschliche Vernunft, ob sie gleich aus eigener Kraft nicht dahin gelangen kann, doch durch Hülfe des Glaubens an Das erhebt, was uns in der heiligen Schrift gesagt ist. Ein solcher ist, daß Niemand, obwol durch sittliche und Verstandesvorzüge und nach Charakter und Werkthätigkeit vollkommen, ohne Glauben errettet werden kann, vorausgesetzt, daß er niemals von Christus gehört hat; denn dies kann die Vernunft an sich nicht richtig einsehen, durch Hülfe des Glaubens aber kann sie es. Denn es steht geschrieben im Briefe an die Hebräer: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen.“ Und im dritten Buch Mosis: „Welcher aus dem Hause Israel einen Ochsen, oder Lamm, oder Ziege schlachtet in dem Lager oder außen vor dem Lager, und nicht vor die Thür der Hütte des Stifts bringt, daß es dem Herrn zum Opfer gebracht werde vor der Wohnung des Herrn, der soll des Blutes schuldig sein.“ Die Thür der Stiftshütte ist ein Sinnbild Christi als Thür des ewigen Gemaches, wie aus dem Evangelium ersehen werden kann; das geschlachtete Vieh ein Bild der menschlichen Werke. Verborgen aber ist das Urtheil Gottes der menschlichen Vernunft, sofern sie es nicht durch ein Gesetz der Natur oder ein geschriebenes Gesetz erfährt, wohl aber geschieht dies bisweilen durch besondere Gnade, und zwar auf mehrfache Weise, bisweilen durch einfache Offenbarung, bisweilen durch eine vermöge einer Erörterung vermittelte Offenbarung; durch einfache Offenbarung doppelt, entweder aus eigenem Willen Gottes oder auf Gebet; aus eigenem Willen abermals doppelt, entweder ausdrücklich oder durch Zeichen; ausdrücklich z. B. ward das Urtheil dem Samuel gegen Saul geoffenbart, durch Zeichen dem Pharao die Befreiung der Kinder Israels; durch Gebet erhielten Diejenigen Offenbarung, welche sagten: Wenn wir nicht wissen, was wir thun sollen, bleibt uns Das allein übrig, daß wir auf dich die Augen richten. Vermittelst einer Erörterung aber doppelt, entweder durch das Loos, oder durch Kampfbewährung; denn bewähren heißt so viel wie wahr machen. Durch das Loos wird das Urtheil Gottes bisweilen den Menschen eröffnet, wie es klar ist aus der Wahl des Matthias in der Apostelgeschichte. Durch Kampfbewährung aber doppelt, theils durch Zusammenstoß der Kräfte, z. B. im Zweikampf der Klopffechter, die auch Zweikämpfer genannt werden, oder durch ein Gefecht von Mehreren, die auf ein Zeichen sich den Rang abzugewinnen suchen, z. B. bei dem Kampf der Wettkämpfer, die nach einem Ziele laufen. Die erste von diesen beiden Weisen stellt sich bei den Heiden dar in jenem Kampfe des Herkules und Antäus, dessen Lukan erwähnt im vierten Buch der Pharsalia und Ovid im neunten der Verwandlungen. Die zweite stellt sich bei denselben dar an der Atalanta und dem Hippomenes im zehnten des letztgenannten Dichters. Desgleichen ist es nicht zu verkennen, wie bei diesen beiden Arten des Kampfes die Sache sich so verhält, daß bei dem einen die Streitenden, nämlich die Zweikämpfer, sich rechtmäßig einander verhindern dürfen, bei dem andern nicht; denn die Wettkämpfer dürfen sich keines Hindernisses gegen einander bedienen, obgleich unser Dichter eine andere Meinung zu haben scheint im fünften Buch, wenn er den Euryalus belohnen läßt. Richtiger hat deswegen Tullius dies im dritten Buche der Pflichten verboten, indem er dem Ausspruch des Chrysippus folgt und sich so ausdrückt: „Weislich, wie in vielen Dingen, sagt Chrysippus: Wer in die Wette läuft, muß sich bestreben und aus allen Kräften bemühen zu siegen; ein Bein stellen darf er aber seinem Mitwettläufer auf keine Weise.“ Nachdem dies nun in diesem Kapitel unterschieden ist, können wir zwei für unser Vorhaben wichtige Sätze daraus hernehmen, den einen aus dem Kampfe der Wettkämpfer, den andern aus dem der Klopffechter, welche ich in den nächstfolgenden Abschnitten benutzen werde.

Jenes Volk also, welches bei dem Wettkampf aller Völker um die Herrschaft der Welt die Oberhand behielt, behielt sie nach göttlichem Urtheil. Denn da die Aufhebung der allgemeinen Entzweiung Gott mehr am Herzen liegen muß als die der besondern, und in einigen besonderen Entzweiungen ein göttliches Urtheil durch Wettkämpfe gefordert wird, nach dem allbekannten Sprichwort: Wem Gott etwas gewährt, den segnet auch Petrus: so ist kein Zweifel, daß bei den um die Herrschaft der Welt Wettkämpfenden die Oberhand nach dem Urtheile Gottes erfolgte. Das römische Volk behielt in dem Wettkampf Aller um die Herrschaft der Welt die Oberhand. Dies wird erhellen aus der Betrachtung der Wettkämpfer. Wenn nach dem Preis oder Ziel gefragt wird, so war dies, allen Menschen voransein: denn das nennen wir Oberherrschaft. Aber dies widerfuhr keinem Volke als dem römischen. Dieses war nicht nur das erste, sondern auch das einzige, welches das Kampfziel erreichte, wie sogleich erhellen wird. Denn der Erste unter den Sterblichen, welcher diesem Preis entgegenkeuchte, war Ninus, der König von Assyrien, der zwar mit seiner Lagergenossin Semiramis neunzig Jahre, und länger (wie Orosius angibt) das Weltreich mit seinen Waffen in Angriff nahm und ganz Asien bezwang: die südlichen Theile der Erde aber unterwarfen sich ihnen niemals. Beide erwähnt Ovid im vierten Buche der Verwandlungen, wo er in der Erzählung vom Phyramus sagt von der Stadt:

 Welche Semiramis einst mit thönernen Mauern befestigt,

und weiterhin:

Wählen sie Ninus’ Grab zur Vereinigung, wo sie im Schatten –

Der Zweite, welcher diesen Preis anstrebte, war Vesoges, König von Aegypten, und wiewol er den Süden und Norden in Asien in Bewegung setzte, wie Orosius erwähnt, so erlangte er doch nie die Hälfte des Erdkreises, ja von den Scythen wurde er von seinem verwegenen Vorhaben zurückgebracht. Nachher versuchte es der Perserkönig Cyrus, der nach Zerstörung Babylons und Uebertragung der babylonischen Herrschaft auf die Perser, noch ehe er die Abendländer angegriffen hatte, gegen die scythische Königin Tomyris das Leben zugleich mit seinem Vorhaben aufgab. Nach diesem aber überschwemmte Xerxes, der Sohn des Darius und König der Perser, die Welt mit einer solchen Menge von Völkern und mit einer solchen Macht, daß er das Meer, welches Asien von Europa zwischen Sestos und Abydos trennt, mit einer Brücke bedeckte. Dieses bewundernswerthen Werkes gedenkt Lukan im zweiten Buch der Pharsalia:

Pfade von der Art schuf ob den Wogen, verkündet das Schicksal Xerxes der stolze.

Endlich, von seinem Vorhaben elendiglich zurückgetrieben, konnte er den Preis nicht erringen. Außer ihnen und späterhin kam der macedonische König Alexander der Palme am nächsten, indem er die Römer durch Gesandte aufforderte, sich zu ergeben, starb aber bei Aegypten vor dem Zusammentreffen mit dem Römern, wie Livius erzählt, mitten auf seiner Laufbahn. Von dessen dort befindlicher Grabstätte gibt Lukan im achten Buche, indem er den König von Aegypten, Ptolemäus, schilt, in folgenden Worten Zeugniß:

Letzter entarteter Sprößling des lagischen Stammes, geweihet
Bist du dem Tod, die raubt die verbrechrische Schwester den Scepter,
Wann in geheiligter Gruft macedonischen Staub du geborgen.

O Tiefe und Weisheit der Erkenntniß Gottes, wer könnte hier anders als dich anstaunen? Denn Alexandern, der den wettkämpfenden Römer im Laufe aufzuhalten Willens war, entrissest du, damit seine Verwegenheit nicht weiter fortschreite, von dem Kampfplatz. Aber daß Rom die Palme so großen Siegespreises errungen habe, wird durch viele Zeugnisse bewährt; wie denn unser Dichter im ersten Buche sagt:

Dorther würden Römer dereinst mit den rollenden Jahren,
Dorther Führer entstehn, aus erneuetem Blute des Teukrus,
Welche mit Allgewalt das Meer und die Lande beherrschten.

Und Lukan im ersten Buche:

Theilung empfähet das Reich mit dem Schwert, und des mächtigen Volkes,
Welches das Meer und die Land’ einnimmt und den sämmtlichen Erdkreis,
Schicksal duldet nicht zween –

Und Boethius sagt im zweiten Buch, wo er von dem römischen Herrscher spricht:

Mit dem Scepter lenkt er jedoch die Völker,
Welche Phöbus, bergend im Meer die Stralen,
Wenn von Ostlands Grenz’ er daherkommt, schauet,
Welche drückt das Siebengestirn, das kalte,
Die der Südwind stürmend mit trockner Hitze
Dörret, neu aufwühlend die Glut des Sandes.

Ein solches Zeugniß ertheilt auch der Schreiber Christi, Lukas, der lauter Wahrheit sagt auch in jenem Theile seiner Schrift. Es ging aber ein Gebot vom Kaiser Augustus aus, daß alle Welt geschätzt würde. Aus welchen Worten klärlich hervorgeht, daß die gesammte Gerichtsbarkeit der Welt damals in den Händen der Römer gewesen sei. Aus diesem Allem ist offenbar, daß das römische Volk über alle Wettkämpfer um das Reich der Welt den Sieg davontrug. Also geschah dies nach göttlichem Urtheil, und folglich nahm es dasselbe nach göttlichem Urtheil, das heißt, mit Recht in Besitz.

Auch was durch einen Zweikampf erworben wird, wird mit Recht erworben. Denn wo immer es am menschlichen Urtheil mangelt, entweder weil es in Finsterniß der Unwissenheit gehüllt ist, oder weil der Vorsitz des Richters fehlt, sodaß die Gerechtigkeit verlassen ist und ihres Bleibens nicht hat, so muß man bei Dem Zuflucht suchen, der sie so liebte, daß er ihre Forderung aus eigenem Blute durch den Tod ergänzte. Daher der Psalm: Der gerechte Gott liebt die Gerechtigkeit. Dies geschieht aber, wenn von der freien Beistimmung der Parteien, nicht aus Haß, sondern aus Liebe der Gerechtigkeit, das göttliche Urtheil durch einen gegenseitigen Zusammenstoß der geistigen und körperlichen Kräfte gefordert wird. Diesen Zusammenstoß, als ursprünglich Eines gegen Einen, nennen wir Zweikampf. Aber immer muß man Sorge tragen, daß gleichwie im Kriege die Entscheidung zuerst auf alle Weise durch Erörterung und nur in der äußersten Noth durch die Waffen gesucht werde: wie Tullius und Vegetius einmüthig vorschreiben, dieser in seinem Buch über die Kriegskunst, jener in dem über die Pflichten. Und gleichwie in der Heilkunst Alles versucht wird, ehe man zum Schneiden und Brennen schreitet, und man hiezu nur im äußersten Falle seine Zuflucht nimmt, so untersuchen wir erst alle Wege, um den Streit durch Urtheil zu entscheiden, und nehmen zu diesem letzten Mittel erst durch eine gewisse Nothwendigkeit der Gerechtigkeit gezwungen unsere Zuflucht. Es zeigt sich daher etwas Doppeltes hinsichtlich der Form des Zweikampfes, erstens das eben Gesagte, zweitens das oben Erwähnte, daß die beiden Klopffechter oder Zweikämpfer mit beiderseitiger Gutheißung weder aus Haß, noch aus Liebe, sondern allein aus Eifer der Gerechtigkeit, den Kampfplatz beschreiten. Und daher sagt Tullius, als er auf diesen Gegenstand kommt, sehr richtig: „Aber die Kriege, deren Preis die Herrschaft ist, müssen weniger bitter geführt werden.“ Wenn diese Bedingungen des Zweikampfes beachtet sind (denn sonst wäre es kein Zweikämpf), treten dann Diejenigen, welche aus Nothwendigkeit der Gerechtigkeit unter gemeinschaftlicher Uebereinkunft wegen Eifers für die Gerechtigkeit gegen einander auftreten, nicht im Namen Gottes in die Schranken? Und ist in diesem Falle Gott nicht mitten unter ihnen, da er selbst uns dies im Evangelium verspricht? Und wenn Gott zugegen ist, ist es nicht Frevel zu glauben, daß die Gerechtigkeit unterliegen könne, die er selbst in dem so hohen oben angezeigten Grade liebt? Und wenn die Gerechtigkeit im Kriege nicht unterliegen kann, wird nicht das durch den Zweikampf Erworbene mit Recht erworben? Diese Wahrheit erkannten auch die Heiden, noch ehe die Trommete des Evangeliums erscholl, insofern sie die Entscheidung in dem Ausfalle des Zweikampfes suchten. Daher antwortete Pyrrhus nicht übel, er, den sowol die Gesinnung der Aeaciden als die Abstammung adelte, als die römischen Gesandten wegen Austausch der Gefangenen zu ihm kamen:

Gold für mich nicht fordr’ ich, und ihr auch würdet’s nicht geben,
Denn Kriegführende seid und nicht Kriegfeilschende seid ihr.
Gold nicht, sondern das Schwert bringt uns Entscheidung des Lebens,
Ob euch Hera, ob mich zum Herrn macht. Probe der Kriegsmuth,
Was uns die Zukunft bringt, und zugleich hört, wie ich es meine:
Wenn die Fortuna des Kriegs Jemandes Tapferkeit schonte,
Wohl, deß Freiheit, glaubet es, werd’ ich wahrlich verschonen.
Gab’ und Geschenk ist’s dann, und der Wille der mächtigen Götter.

So Pyrrhus. Unter Hera verstand er die Fortuna, wir wollen mit Rücksicht auf unsere Sache besser und richtiger die göttliche Vorsehung an ihre Stelle setzen. Daher mögen sich die Faustkämpfer in Acht nehmen, den Kampf selbst zum Preis zu machen, weil es dann kein Zweikampf, sondern eine Marktbühne des Bluts und der Gerechtigkeit genannt werden müßte: auch dürfte man dann nicht glauben, daß Gott gegenwärtig sei, sondern jener alte Feind, der der Verführer zum Zank gewesen war. Mögen sie immer, wenn sie Zweikämpfer und nicht Krämer des Bluts und der Gerechtigkeit sein wollen, an dem Eingang zur Kampfbahn des Pyrrhus vor Augen haben, der bei dem Kampfe um die Herrschaft das Gold so verachtete, wie gesagt ist. Wenn aber gegen die aufgezeigte Wahrheit von der Ungleichheit der Kräfte ein Einwand hergenommen wird, wie es der Fall zu sein pflegt, so möge dieser durch den Sieg des David über den Goliath zurückgewiesen werden. Und wenn die Heiden dabei etwas Anderes bezweckten, so mögen sie ihn selbst duch den Sieg des Herkules über den Antäus zurückweisen. Denn es ist sehr thöricht, Kräfte, welche Gott stärkt, bei einem Faustkämpfer als gering anzuschlagen. Hinlänglich deutlich ist es nun, daß das durch den Zweikampf Erworbene mit Recht erworben ist. Aber das römische Volk erwarb die Herrschaft duch den Zweikampf, was durch glaubwürdige Zeugnisse dargethan wird, durch deren Aufzeigung nicht blos dies augenfällig sein wird, sondern auch, daß Alles, was von den Uranfängen des römischen Reiches dem Rechtsauspruch unterlag, durch den Zweikampf entschieden wurde. Denn von dem ersten an, der sich um den Sitz des Vaters Aeneas als ersten Vaters dieses Volkes drehte, in welchem Turnus, der König der Rutuler, der Gegner war, und wobei die beiderseitige Einwilligung stattfand, bis zu dem letzten wegen der Untersuchung des göttlichen Wohlgefallens, stritten sie allein unter sich, wie in den letzten Büchern der Aeneis gekündet wird. Bei diesem Kampfe war die Langmuth des Siegers Aeneas so groß, daß, wenn nicht der Gürtel, welchen Turnus dem von ihm getödteten Pallas abgezogen hatte, ins Auge gefallen wäre, der Sieger dem Besiegten zugleich Leben und Frieden geschenkt hätte, wie die letzten Verse unsers Dichters bezeugen. Und da beide Völker aus derselben trojanischen Wurzel hervorgesproßt waren, nämlich das römische und albanische, und sie über das Zeichen des Adlers, über die trojanischen Hausgötter und die Herrscherwürde lange mit einander gerungen, wurde endlich nach gemeinschaftlicher Einwilligung der Parteien zur Entscheidung der Forderung die Sache von den drei Brüdern, den Horatiern, und eben so viel Brüdern, den Kuriatiern, im Angesicht der von beiden Seiten zuschauenden Könige und Völker mit den Waffen abgemacht, wobei, nachdem die drei Kuriatier und zwei von den Römern gefallen waren, die Siegespalme den Römern unter dem Könige Hostilius zuerkannt wurde. Dies verfaßte Livius im ersten Theile seines Werkes fleißig, und Orosius stimmt ihm bei. Daß nachher mit den Nachbaren nach allem Kriegsrechte, mit den Sabinern, mit den Samnitern, wenn gleich Viele daran Theil nahmen, doch in der Form eines Zweikampfes über die Oberherrschaft gestritten wurde, erzählt Livius, in welcher Kampfweise gegen die Sabiner die Fortuna (so zu sagen) ihr Vorhaben beinahe gereute. Hierauf bezieht sich Lukan im zweiten Buche beispielsweise:

Oder so viel das kollinische Thor aufnahm der Geschlagnen,
Als beinahe der Welt Hauptstadt und die irdische Herrschaft
Wechselte wendend den Sitz, und der Samnier über den Engpaß
Samniums weit ausdehnte den Tod und die Wunden der Römer.

      Nachdem aber die Händel der Italer beseitigt waren und mit den Griechen und mit den Pönern noch nicht nach göttlichem Urtheil gekämpft war und jene nicht minder als diese die Herrschaft in Anspruch nahmen, indem Fabricius für die Römer, Pyrrhus für die Griechen um den Ruhm der Herrschaft mit zahlreichen Kriegerschaaren kämpften, siegte Rom; als aber Scipio für Rom, Hannibal für die Afrikaner in der Weise eines Zweikampfes Krieg führten, unterlagen die Afrikaner den Italern: sowie Livius und alle Verfasser der römischen Geschichte ausdrücklich bezeugen. Wer ist nun noch so stumpfen Geistes, daß er nicht sähe, daß das glorreiche Volk nach dem Rechte des Zweikampfes die Krone des ganzen Erdkreises gewonnen habe? Mit Wahrheit konnte der Römer sagen, was der Apostel an den Timotheus schreibt: „Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit“ – beigelegt nämlich nach der ewigen Vorsehung Gottes. Mögen nun die vermessenen Rechtslehrer bemerken, wie tief sie unterhalb jener Worte der Vernunft stehen, von welcher der menschliche Geist diese Urgründe erforscht, und mögen sie schweigen und sich begnügen, nach dem Sinn des Gesetzes Spruch und Urtheil abzugeben. Und so ist es denn offenbar, daß durch Zweikampf das römische Volk das Reich erlangte, und folglich dem Recht nach erlangte, denn dies ist der Hauptpunkt in dem gegenwärtigen Buche. Bis hieher ist der Satz klar durch Vernunftgründe, welche sich hauptsächlich auf Urgründe der Vernunft stützen. Aber demnächst ist er auch zweitens aus den Grundsätzen des christlichen Glaubens deutlich zu machen. Denn am meisten murrten und ersannen Eitles gegen die römische Oberherrschaft Diejenigen, welche sich Eiferer für den christlichen Glauben nennen: und sie fühlten nicht Mitleid mit den armen Christen, denen man nicht nur die Einnahmen der Kirchen vorenthält, sondern sogar ihr väterlich Erbe raubt; und es verarmt die Kirche, indem sie Gerechtigkeit zu üben vorgeben, aber keinen Verwalter des Rechtes zulassen. Und nicht mehr geschieht diese Verarmung ohne das Urtheil Gottes, da man weder den Armen, deren Erbgut das Vermögen der Kirche ist, damit zu Hülfe kommt, noch wird dies von der weltlichen Macht Dargebotene mit Dankbarkeit in Besitz behalten. Es kehrt zurück, von wannen es kam: auf gute Art kam es, auf schlechte Art kehrt es zurück, weil es auf gute Art gegeben, auf schlechte Art besessen ist. Wie steht es mit solchen Hirten? Wie, wenn das Kirchengut zerrinnt, während das Eigenthum ihrer Verwandten sich mehrt? Aber es mag wohl besser sein, die Untersuchung fortzusetzen und stillschweigend die Hülfe unsers Heilandes zu erwarten. Ich sage also, daß, wenn die römische Oberherrschaft nicht rechtmäßig war, so beging Christus durch seine Geburt eine Ungerechtigkeit. Aber die Folgerung ist falsch, und daher ist das Gegentheil des Vordersatzes wahr. Denn Widersprüche geben die entgegengesetzte Wahrheit. Die Falschheit der Folgerung braucht man den Gläubigen nicht aufzuzeigen. Denn jeder Gläubige gibt die Falschheit zu, und thut er es nicht, so ist er kein Gläubiger. Aber in desem Fall ist ihm die Beweisführung gleichgültig. Ich folgere nun so. Wer einem Befehl aus Ueberlegung nachkommt, der gibt durch seine Handlung zu erkennen, daß der Befehl gerecht sei; und da Handlungen überzeugender sind als Reden (wie des Philosophen Meinung ist in den letzten Büchern an den Nikomachus), so überzeugt er dadurch mehr, als wenn er durch Rede seinen Beifall gäbe. Aber Christus (wie sein Geschichtschreiber Lukas bezeugt) wollte unter dem Befehl des römischen Ansehens von einer jungfräulichen Mutter geboren werden, damit in dieser einzig merkwürdigen Aufzeichnung der Welt der Sohn Gottes als ein Mensch aufgezeichnet würde, und eben dies war eine Bestätigung jenes Befehls. Und vielleicht ist es eine noch heiligere Meinung anzunehmen, daß dieser Befehl von dem Kaiser durch göttliche Veranstaltung ausgegangen sei, damit Der, welcher so lange Zeiten in der Genossenschaft der Menschen erwartet worden war, sich selbst gleich den übrigen Menschen einschreiben lasse. So bewies Christus durch die That, daß der Befehl des Augustus, der damals das römische Reich verwaltete, gerecht sein müsse. Und da auf ein gerechtes Befehlen die Gerichtsverwaltung folgt, so bestätigte Der, welcher jenen Befehl bestätigte, auch nothwendig die Gerichtsbarkeit. Wenn diese nicht rechtmäßig war, so war sie ungerecht. Auch ist zu merken, daß ein Beweisgrund, der benutzt wird, um eine Folgerung aufzuheben, wenn gleich dieser seiner Form nach einigermaßen an seiner Stelle ist, dennoch seine Stärke durch eine zweite Stellung zeigt, wenn man rückwärts schließt, zum Beispiel mit dem Beweisgrund, der den Vordersatz in der ersten Stellung ausmachte, kann man rückwärts schließend so verfahren: Alles Ungerechte wird ungerecht bestätigt; Christus bestätigte es nicht ungerecht, also bestätigte er nicht etwas Ungerechtes. Umgestellt würde aber der Schluß heißen: Alles Ungerechte wird ungerechterweise bestätigt: Christus bestätigte etwas Ungerechtes: also bestätigte er es ungerechterweise.

Und wenn die römische Herrschaft nicht eine rechtmäßige war, so ist die Sünde Adam’s in Christus nicht bestraft worden. Das wäre aber falsch: also ist der Gegensatz Dessen, woraus es folgt, wahr. Daß die Folgerung falsch sei, erhellet auf diese Art. Denn da wir durch Adam’s Sünde allesammt Sünder waren, wie der Apostel sagt: Sowie durch Einen Menschen die Sünde in die Welt kam, und durch die Sünde der Tod: so ist der Tod über Alle gekommen, weil Alle gesündigt haben: so wären wir, wenn für jene Sünde durch Christus nicht gutgethan wäre, noch fortwährend Söhne des Zorns der Natur, insofern die Natur verderbt ist. Aber dies ist nicht der Fall, da der Apostel an die Epheser schreibt, indem er von Gott dem Vater sagt, „daß er uns verordnet habe zur Kindschaft gegen ihn selbst durch Jesum Christum nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lobe seiner herrlichen Gnade, durch welche er uns hat angenehm gemacht in seinem geliebten Sohn, an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden nach dem Reichthum seiner Gnade, welche uns reichlich widerfahren ist.“ Sofern auch Christus die Strafe auf sich nimmt, kann er beim Johannes sagen: Es ist vollbracht. Denn wenn etwas vollbracht ist, bleibt nichts mehr zu thun übrig. Zur Verständigung muß man wissen, daß die Strafe nicht einfach die Strafe Dessen ist, der das Unrecht begeht, sondern die, welche dem Unrecht Begehenden von Dem aufgelegt ist, der das Recht hat zu bestrafen; wenn sie daher nicht von einem ordentlichen Richter aufgelegt ist, so ist sie nicht eine Bestrafung, sondern vielmehr ein Unrecht zu nennen. Daher sagte jener zum Moses: Wer hat dich zum Richter über uns gesetzt? – Wenn Christus also nicht unter einem ordentlichen Richter gelitten hätte, so wäre jene Strafe nicht eine Bestrafung gewesen; und ein ordentlicher Richter konnte es nicht sein, wenn er nicht über das ganze menschliche Geschlecht das Richteramt hatte, da das ganze menschliche Geschlecht in dem fleischgewordenen, unsere Schmerzen (wie der Prophet sagt) tragenden oder duldenden Christus bestraft wurde. Und über das ganze menschliche Geschlecht hätte der Kaiser Tiberius, dessen Stellvertreter Pilatus war, das Richteramt nicht gehabt, wenn er nicht von Rechtswegen römischer Kaiser gewesen wäre. Daher schickte Herodes, obgleich ohne zu wissen, was er that, sowie auch Kaiphas, da er die Wahrheit sagte, nach himmlischem Beschlusse Christum dem Pilatus zur Beurtheilung zu, wie Lukas in seinem Evangelium sagt. Denn Herodes war nicht Stellvertreter des Tiberius unter dem Zeichen des Adlers oder unter dem Zeichem des Senats, sondern König und von ihm über ein besonderes Königreich eingesetzt, und unter dem Zeichen des ihm übertragenen Reiches regierend. Mögen sie denn ablassen, das römische Kaiserthum zu schmähen, sie, welche sich Söhne der Kirche dünken, wenn sie sehen, daß der Bräutigam der Kirche, Christus, dies an den beiden Grenzpunkten seiner Laufbahn als Streiter auf diese Art bestätigt hat. Und nun meine ich es hinlänglich deutlich gemacht zu haben, daß das römische Volk sich mit Recht die Oberherrschaft der Welt angeeignet hat. O beglücktes Volk, o glorreiches Ausonien, wenn entweder niemals jener Schwäche deiner Herrschaft geboren wäre, oder seine fromme Absicht ihn nie getäuscht hätte!





DRITTES BUCH


I


Verschlossen hat er die Mäuler der Löwen, und sie haben mir nicht geschadet, weil vor ihm Gerechtigkeit an mir erfunden ist. Im Anfange dieses Werkes sind drei Fragen, soweit der Stoff es erlaubte, zu beantworten aufgestellt. Von den beiden ersten ist nun in den vorigen Büchern, wie ich glaube, hinlänglich die Rede gewesen. Es bleibt jetzt die dritte zu betrachten übrig. Wenn ich mich hierüber der Wahrheit gemäß auslasse, fürchte ich, weil dies, ohne Einige schamroth zu machen, nicht geschehen kann, mir einigen Unwillen zuzuziehen. Aber weil von ihrem unwandelbaren Thron herab die Wahrheit in mich dringt, Salomo auch, in den Wald der Sprüchwörter hineinschreitend, uns belehrt, daß man in Zukunft der Wahrheit sich zu befleißigen und dem Zwang seinen Abscheu zu bezeugen habe, und der Philosoph als Lehrmeister der Sitten das Seinige der Wahrheit aufzuopfern räth im Vertrauen auf die vorangeschickten Worte Daniel’s, in welchen die göttliche Macht als ein Schild für die Vertheidiger der Wahrheit gepriesen wird, laut der Mahnung des Paulus, den Krebs des Glaubens anziehend, in der Glut jener Kohle, welche einer der Seraphim von dem himmlischen Altar nahm und die Lippen des Jesajas berührte, will ich in die gegenwärtige Kampfbahn hineinschreiten, und im Arme Dessen, er uns aus der Gewalt der Finsterniß mit seinem Blut befreite, will ich den Frevler und Lügner im Angesichte der Welt aus den Schranken hinaustreiben. Was habe ich zu fürchten? Spricht doch der mit dem Vater und Sohn gleich ewige Geist durch den Mund David’s: In ewigem Andenken wird der Gerechte sein, und Verleumdung wird er nicht fürchten. – Die gegenwärtige Frage nun, welche zu beantworten sein wird, bewegt sich zwischen zwei großen Lichtern, nämlich dem römischen Papste und dem römischen Kaiser; und es fragt sich, ob das Ansehen des römischen Alleinherrschers, der ein rechtmäßiger Monarch der Welt ist, laut der Beweise im zweiten Buche, unmittelbar von Gott abhange, oder von irgend einem Stellvertreter Gottes oder Diener, worunter ich den Nachfolger Petri verstehe, der in Wahrheit der Schlüsselträger des Reiches der Himmel ist.

Zur Untersuchung der gegenwärtigen Aufgabe bedarf es nun, wie es auch bei den früheren der Fall war, eines Urgrundes, um kraft dessen die Sätze zur Eröffnung der Wahrheit zu bilden. Denn ohne einen solchen Urgrund festzustellen, was nützt es da nach der Wahrheit zu forschen, da er allein die Wurzel der vermittelnden Beweissätze ist? So werde denn diese unumstößliche Wahrheit vorausgeschickt, daß gegen Das, was der Absicht der Natur widerstreitet, Gott Widerwillen hat. Denn wenn dies nicht wahr wäre, wäre das Gegentheil nicht falsch, nämlich, daß Gott nicht Widerwillen habe gegen Das, was der Absicht der Natur widerstreitet. Und wenn dies nicht falsch ist, so ist es auch Das nicht, was daraus folgt. Denn es ist unmöglich, daß in nothwendigen Folgerungen eine Folgerung falsch ist, wenn der Vordersatz nicht falsch ist. Aber aus dem nicht Widerwillen haben folgt eins von beiden nothwendig, entweder zu wollen oder nicht zu wollen, sowie aus dem nicht hassen nothwendig folgt entweder zu lieben oder nicht zu lieben, denn nicht lieben und hassen ist keineswegs gleich; und so ist auch das nicht Wollen und das Widerwillen haben nicht gleich, wie einleuchtet. Wenn dies nicht falsch ist, wird auch das Folgende nicht falsch sein: Gott will, was er nicht will, ein Satz, über dessen Unrichtigkeit nichts geht. Die Wahrheit desselben beweise ich aber so: es ist offenbar, daß Gott den Zweck der Natur will, sonst würde er den Himmel zwecklos bewegen, was sich nicht annehmen läßt: wenn Gott das Hinderniß des Zweckes wollte, so wollte er auch den Zweck des Hindernisses, sonst würde er zwecklos wollen. Und da der Zweck des Hindernisses das Nichtsein der verhinderten Sache ist, so würde folgen, daß Gott das Nichtsein des Zweckes der Natur wolle, er, von dem gesagt wird, daß er das Sein dieses Zweckes wolle. Denn wenn Gott das Hinderniß des Zweckes nicht wollte, so folgte, sofern er es nicht wollte, aus dem Nichtwollen, daß er sich nicht um das Hinderniß kümmere, möchte es sein oder nicht sein; aber wer sich nicht um das Hinderniß kümmert, der kümmert sich auch nicht um die Sache, welche verhindert werden kann, und hat folglich keine Willensneigung dafür, und wofür Jemand keine Willensneigung hat, das will er auch nicht. Wenn demnach der Zweck der Natur verhindert werden kann, was doch geschehen kann, so folgt nothwendig, daß Gott den Zweck der Natur nicht will; und so folgt auch das Frühere, nämlich daß Gott will, was er nicht will. Der Urgrund oder erste Satz ist also gewiß und wahr, aus dessen Gegensatz so Ungereimtes folgt.

Gleich dem Eingang muß man hinsichtlich dieser Frage bemerken, daß die Wahrheit der ersten Frage weit mehr ins Licht gesetzt werden mußte, um die Unwissenheit als um den Zwiespalt wegzuräumen. Aber bei der zweiten Untersuchung kam es darauf an, wie und auf welche Weise sie sich zur Unwissenheit und zum Zwiespalt verhalte. Denn über Vieles, was wir nicht wissen, streiten wir nicht. Die Meßkunde zum Beispiel kennt die Quadratur des Kreises nicht, streitet jedoch nicht darüber. Auch der Gottesgelehrte weiß die Zahl der Engel nicht, ohne darüber zu streiten. Der Aegypter kennt das Bürgerthum der Scythen nicht, streitet aber auch darüber nicht. Die Wahrheit dieser dritten Untersuchung hat aber so viel Streit und Zwiespalt in sich, daß, wenn in andern Fällen die Unwissenheit die Ursache des Streites zu sein pflegt, hier der Streit die Ursache der Unwissenheit ist. Denn großen Männern, welche mit dem Blick der Vernunft der Neigung voranfliegen, begegnet es oft, daß sie übel gestimmt mit Hintansetzung des Lichtes der Vernunft in dieser Stimmung sich gleichsam blind hinreißen lassen und ihre Blindheit hartnäckig leugnen. Daher geschieht es oft, daß nicht blos die Falschheit die Oberhand gewinnt und Mehrere, ihre Grenzen verlassend, fremde Lager durchschwärmen, ohne sich selbst zu verstehen und ohne verstanden zu werden. Und so reizen sie Einige zum Zorn, Andere zum Aerger, Andere zum Gelächter. Gegen die Wahrheit, welche gesucht wird, stehen nun hauptsächlich drei Arten von Menschen auf. Nämlich der allerhöchste Papst, unsers Herrn Jesu Christi Stellvertreter und Petri Nachfolger, dem wir nicht so viel wie Christo, sondern so viel wie Petro schuldig sind, vielleicht aus Eifer für die Schlüssel, und mit ihm andere Hirten der griechischen Christen, und Andere, welche meines Bedünkens blos aus Eifer für die Mutter Kirche dazu bewogen werden, widersprechen der Wahrheit, welche ich darstellen werde, vielleicht aus Eifer (wie ich gesagt habe), nicht aus Stolz. Einige Andere aber, deren widersetzliche Begierde das Licht der Vernunft auslöschte, und welche sich, während sie den Teufel zum Vater haben, Söhne der Kirche nennen, erregen nicht allein bei dieser Untersuchung Zwiespalt, sondern aus Abscheu, wenn sie nur das hochheilige Kaiserreich aussprechen hören, leugnen sie die Grundbegriffe dieser sowie der vorigen Untersuchungen mit Unverschämtheit. Es gibt noch eine dritte Klasse von Menschen, welche den Namen Dekretalisten führen und der Theologie und Philosophie durchaus unkundig und unwissend, auf ihre Dekretalen (welche ich für wahrhaft verehrungswürdig halte) mit ganzer Macht gestützt, aus Hoffnung, glaube ich, auf deren Vorrang, das Kaiserthum verkleinern. Auch ist das nicht zu verwundern, da ich einen von ihnen schon habe sagen und keck behaupten hören, daß die Ueberlieferungen die Grundlage des Glaubens seien. Dies ist dann freilich ein Frevel. Mögen sie in der Meinung der Menschen Die heruntersetzen, welche vor der Ueberlieferung der Kirche an den kommenden oder gegenwärtigen oder schon gelitten habenden Sohn Gottes, Christus, glaubten und gläubig auf ihn hofften, und hoffend in Liebe entbrannten, und welche die Welt für seine in Liebe entbrennenden Miterben gewißlich hält. Und damit dergleichen Menschen von der gegenwärtigen Kampfbahn völlig ausgeschlossen werden, muß man bemerken, daß es eine Schrift gibt vor der Kirche, eine andere mit der Kirche, und eine andere nach der Kirche. Vor der Kirche nämlich gab es das alte und neue Testament, ein ewiges Gebot, wie der Prophet sagt: denn diese sind es, wovon die Kirche spricht, wenn sie zu dem Bräutigam sagt: Ziehe mich nach dir! Mit der Kirche zugleich aber sind entstanden jene verehrungswürdigen ersten Kirchenversammlungen, bei welchen Christus gegenwärtig war, wie Niemand zweifelt, da wir wissen, daß er kurz vor seiner Himmelfahrt zu seinen Schülern gesagt hat: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, wie Matthäus bezeugt. Es gibt auch Schriften der Gelehrten, des Augustinus und Anderer, deren Unterstützung durch den heiligen Geist nur Der bezweifelt, der dir Früchte derselben entweder gar nicht gesehen, oder, wenn er sie sah, doch nicht geschmeckt hat. Nach der Gründung der Kirche aber gibt es Ueberlieferungen, welche man Dekretalen nennt, die, wenn gleich nach apostolischem Ausspruch hochzuachten, dennoch der ihnen zur Grundlage dienenden heiligen Schrift zweifelsohne nachzusetzen sind, da Christus selbst einmal die Priester wegen entgegengesetzen Verfahrens schalt. Denn als sie fragten: Warum übertreten deine Schüler die Satzung der Alten? (denn sie vernachläßigten die Handwaschung) antwortete ihnen Christus laut Matthäus: „Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot euerer Satzung wegen?“ Hiemit deutet er hinreichend an, daß die Ueberlieferung nachzusetzen sei. Wenn nun die Ueberlieferung der Kirche erst nach Gründung der Kirche entstanden sind, so empfangen die Ueberlieferungen nothwendigerweise Ansehen von der Kirche, und nicht umgekehrt. Daher sind Die, welche blos auf die Ueberlieferungen halten, von dem Kampfplatz, wie gesagt, auszuschließen. Denn Diejenigen, welche dieser Wahrheit nachtrachten, müssen die Quellen, aus welchen das Ansehen der Kirche fließt, bei der Untersuchung zum Grunde legen. Nachdem diese ausgeschlossen sind, müssen demnächst Die ausgeschlossen werden, welche, mit Rabenfedern bedeckt, als weiße Schafe in der Heerde Christi gelten wollen. Das sind die Kinder der Bosheit, die, um ihre Schandthat auszuüben, die Mutter preisgeben, die Brüder austreiben und endlich keinen Richter haben wollen. Denn warum sollte gegen sie die Vernunft aufgeboten werden, da sie, durch ihre Begierde zurückgehalten, die Beweisgründe nicht einsehen? Daher bleiben als Gegner Die allein übrig, welche von einem irgend wie beschaffenen Eifer für die Kirche geleitet, die Wahrheit, welche in Frage steht, verkennen. Mit diesen beginne ich denn, gestützt auf jene Ehrerbietung, welche der fromme Sohn seiner Mutter, fromm gegen Christus, fromm gegen die Kirche, fromm gegen den Hirten, fromm gegen alle Bekenner der christlichen Religion, in diesem Buche den Kampf für das Heil der Wahrheit.

Diejenigen aber, an welche diese ganze Auseinandersetzung gerichtet ist, werden bei ihrer Behauptung, daß das Ansehen des Kaiserthums von dem Ansehen der Kirche abhänge, gleichwie der niedere Arbeiter von dem Baumeister, von verschiedenen Gründen geleitet, welche sie theils aus der heiligen Schrift, theils aus gewissen Handlungen sowol des Papstes als des Kaisers selbst entnehmen; sie bemühen sich aber auch um einen Ausspruch der Vernunft. Denn erstlich sagen sie zufolge des Buches von der Schöpfung, daß Gott zwei große Lichter machte, ein größeres, das dem Tag, und ein kleineres, das der Nacht vorgesetzt sei. Dies wollten sie nun gleichnißmäßig ausgelegt haben als zwei Herrschgewalten, die geistliche und die weltliche. Sodann, gleichwie der Mond, als das kleinere Licht, sein Licht nicht anders als durch die Sonne empfängt, so habe das weltliche Reich keine andere Gewalt, als soweit es diese mit dem geistlichen Reiche empfange. Um diesen und andere ihrer Gründe zu beseitigen, ist zuvor zu bemerken, daß, nach der Meinung des Philosophen über die spitzfindigen Beweisführungen, die Wegräumung des Beweisgrundes die Darlegung des Irrthums ist. Und weil der Irrthum im Stoff oder in der Form des Beweises sich finden kann, so findet auch ein zweifaches Versehen statt, nämlich durch Annahme von etwas Falschem, oder durch Mangelhaftigkeit des Schlusses. Beides warf der Philosoph dem Parmenides und Melissus vor, nämlich, daß sie Falsches annähmen und nicht die Gesetze des Schlusses beobachteten. Falsches nehme ich hier im weiteren Sinne und verstehe darunter auch das Unvereinbare, was in einem wahrscheinlichen Stoffe die Natur eines Vernunftschlusses an sich hat. Wenn nun der Fehler in der Form liegt, so ist der Schlußsatz von Dem, der ihn aufheben will, dadurch zu vernichten, daß er zeigt, die schlußmäßige Form sei nicht beobachtet. Liegt der Fehler im Stoffe, so besteht er darin, daß ohne Weiteres etwas Falsches angenommen ist, oder daß es in Folge von etwas Anderem falsch ist. Wenn, ohne Weiteres, oder einfach, so muß es durch Vernichtung der Annahme, wenn in Folge, durch Unterscheidung aufgehoben werden. Nachdem dies eingesehen ist, muß man zu größerer Verdeutlichung dieser und anderer weiterhin folgenden Lösungen darauf achten, daß es hinsichtlich des mystischen oder verborgenen Verständnisses einen doppelten Irrthum gibt, indem man ihn entweder sucht, wo er nicht ist, oder ihn anders auffaßt, als er aufgefaßt werden muß. Hinsichtlich des ersten sagt Augustin im Gottesstaat: Freilich nicht Alles, was erzählt wird, ist für bedeutend zu halten; aber wegen der Dinge, die etwas bedeuten, werden auch die, welche nichts bedeuten, hinzugefügt. Die Pflugschaar allein ist es, welche das Erdreich zerschneidet, aber damit dies geschehen könne, sind auch die übrigen Theile des Pfluges nöthig. Hinsichtlich des zweiten sagt Derselbe in dem Buch über die christliche Lehre, daß Derjenige, welcher die heiligen Schriften anders verstehen will als Diejenigen, welche sie schrieben, sich eben so täuscht wie Derjenige, welcher den rechten Weg verläßt und im Kreis umherirrend dennoch endlich dahin gelangt, wohin jener Weg führt, und fügt hinzu: Damit wollte ich anzeigen, daß die Gewohnheit, den rechten Weg zu verlassen, den Wanderer zwingt, kreuz und quer umherzuirren. Nachher deutet er auch die Ursache an, warum man sich vor solchem Verfahren mit der heiligen Schrift hüten müsse, indem er sagt: der Glaube wird schwankend und wankend, wenn das Ansehen der heiligen Schrift auf unsichern Füßen steht. – Ich aber sage, wenn hiebei Unwissenheit zum Grunde liegt, so muß man nicht ablassen zu schelten und dann Nachsicht haben, sowie man mit Dem Nachsicht haben würde, der vor einem Löwen in den Wolken Angst hätte. Wenn dagegen Absicht zum Grunde liegt, so soll man mit Irrenden dieser Art es nicht anders machen als mit Wütherichen, die das öffentliche Recht nicht zum gemeinschaftlichen Nutzen verwalten, sondern es aus Eigennutz verdrehen. O Schandthat aller Schandthaten, selbst wenn es Jemandem im Traum widerführe, die Absicht des heiligen Geistes zu misbrauchen; denn nicht wird damit gesündigt gegen Moses, gegen David, gegen Hiob, gegen Matthäus, noch gegen Paulus, sondern gegen den heiligen Geist, der aus ihnen redet. Denn wenn gleich der Schreiber des göttlichen Wortes viele sind, so gibt es doch nur Einen, der es ihnen in die Feder sagt, und das ist Gott, der uns werth gehalten hat, uns seinen Willen durch die Kiele vieler Schreiber zu enthüllen. Nach diesen Vorbemerkungen hinsichtlich des oben Ausgesprochenen komme ich auf die Wegräumung jener obigen Behauptung, daß die beiden Lichter bildlich die beiden Herrschgewalten bedeuten; denn in diesem Ausspruche besteht der Nerv des Beweises. Daß aber diese Auslegung nicht zu gestatten ist, läßt sich auf doppelte Weise darthun. Denn erstlich da dergleichen Herrschgewalten eine Zuthat bei dem Menschen sind, so schiene Gott die Sache auf den Kopf gestellt zu haben und die Zuthat eher geschaffen zu haben als den Gegenstand selbst; und das hieße Gott eine Ungereimtheit zutrauen. Denn jene beiden Lichter sind am vierten Schöpfungstage hervorgebracht, der Mensch aber am sechsten, wie die Schrift lehrt; ferner, da diese Herrschgewalten von der Art sind, daß sie dem Menschen gewisse Schranken anweisen sollen, wie sich unten zeigen wird, so hätte ja der Mensch im Stande der Unschuld, dem ihm von Gott ursprünglich verliehenen, dergleichen Zurechtweisungen nicht bedurft. Es sind dergleichen Herrschgewalten folglich Mittel gegen die menschliche schwächliche Hinneigung zur Sünde. Da also der Mensch am vierten Tage noch nicht sündhaft, sondern überhaupt noch gar nicht vorhanden war, so wäre es zweifelsohne unnütz gewesen, Mittel hervorzubringen; dies ist gegen die Güte Gottes. Denn das wäre ein thörichter Arzt, der vor der Geburt eines Menschen ihm für ein künftiges Geschwür ein Pflaster bereiten wollte. Es läßt sich also nicht behaupten, daß Gott am vierten Tage diese beiden Regierungsarten machte, und folglich konnte die Absicht des Moses nicht die sein, welche jene Menschen ihm unterschieben. Es kann dieses falsche Vorgehen auch auf eine duldsame Weise durch Unterscheidung weggeräumt werden. Denn dieses Verfahren der Unterscheidung ist glimpflicher gegen den Gegner, denn er erscheint dann nicht als vorsätzlicher Lügner, in welchem Lichte ihn das vernichtende Verfahren erscheinen läßt. Ich sage demnach, daß, wenn gleich der Mond nicht hinlänglich Licht hat, sofern er es nicht von der Sonne empfängt, daraus doch nicht folgt, daß der Mond von der Sonne entsprungen sei. Daher muß man wissen, daß das Wesen des Mondes und seine Kraft und seine Wirkung verschiedene Dinge sind. Was das Wesen anbetrifft, so hängt der Mond keineswegs von der Sonne ab, auch hinsichtlich der Kraft und der Wirkung an sich nicht, weil seine Bewegung von einem eigenen Beweger und sein Einfluß von seinen eigenen Stralen ausgeht. Denn er hat einiges Licht von sich selbst, wie dieses bei seiner Verdunkelung zu sehen ist; aber zur bessern und kräftigeren Wirkung empfängt er einiges Licht von der Sonne, nämlich ein reichliches, durch dessen Hinzutritt er dann kräftiger wirkt. So sage ich also, daß das weltliche Reich sein Wesen nicht von dem geistlichen erhält, noch auch seine Kraft, das heißt, sein Ansehen, noch seine Wirkung an sich, sondern ersteres empfängt freilich von letzterem etwas, um kräftiger zu wirken durch das Licht der Gnade, das der Segen des Papstes ihm im Himmel und auf Erden zukommen läßt. Und deshalb irrte der Beweis in der Form, weil die Aussage des Schlußsatzes nicht der zweite Begriff im Obersatze ist, wie erhellt. Nämlich so: Der Mond empfängt Licht von der Sonne, als der geistigen Herrschaft: die weltliche Herrschaft ist der Mond: also empfängt die weltliche Herrschaft Ansehen von der geistlichen. Denn der zweite Begriff im Obersatz ist das Licht, die Aussage des Schlußsatzes aber das Ansehen: diese beiden sind aber verschieden nach Gegenstand und Weise, wie oben gezeigt wurde.

Sie nehmen auch einen Beweis her aus Mosis Schriften, indem sie sagen, daß aus den Lenden Jakob’s das Gleichniß dieser beiden Obrigkeiten gekommen sei in der Person des Levi und Juda, von denen der Eine der Vater des Priesterthums, der Andere der der weltlichen Herrschaft war; und folgern dann so: Gleichwie sich Levi zu Juda verhielt, so die Kirche zum Kaiserthum. Levi ging Juda voran in der Geburt laut der Schrift, folglich hat die Kirche den Vorrang vor dem Kaiserthum an Ansehen. Das läßt sich nun leicht widerlegen; denn wenn sie sagen, daß Levi und Juda, die Söhne Jakob’s, diese beiden Obrigkeiten vorbilden, so kann ich dies auf ähnliche Weise durch Wegräumung widerlegen; aber es mag einmal zugegeben werden. Sie schließen so: Sowie Levi in der Geburt vorangeht, so die Kirche im Ansehen. Ich sage auf ähnliche Weise, weil Aussage des Schlußsatzes und zweiter Begriff des Obersatzes verschieden sind. Denn Ansehen und Geburt sind verschieden im Gegenstand und in der Weise: es ist also in der Form ein Versehen. Das wäre etwa wie folgt: a geht b voran in c und d; e verhält sich wie a und b; also geht d dem e voran in f; f und d sind aber verschieden. Und wenn sie den Einwurf machten, daß f dem c folgt, das heißt, das Ansehen der Geburt; und daß man für das Vorhergehende das Nachfolgende setzen kann, z.B. Thier für Mensch, so erkläre ich dies für falsch. Denn es gibt viele ältere Personen, die an Ansehen nicht nur nicht den Jüngern vorangehen, sondern umgekehrt, wie sich ergibt, wenn Bischöfe den Jahren nach jünger sind als die unter ihnen stehenden Archipresbyters. Und so scheint der Einwurf darin zu irren, daß sie Etwas als Ursache annehmen, was es nicht ist.

Auch nach dem Buchstaben des ersten Buches der Könige führen die Wahl und Absetzung Saul’s an, und sagen, daß Saul auf den Thron gesetzt und des Throns entsetzt wurde von Samuel, der statt Gott dies Amt verwaltete laut der Schrift. Und daraus folgern sie, daß, wie jener Stellvertreter Gottes das Recht hatte, die weltliche Herrschaft zu geben und zu nehmen, und auf einen Andern zu übertragen, so auch jetzt der Stellvertreter Gottes, der als allgemeiner Vorsteher der Kirche das Recht hat, den Stab der weltlichen Herrschaft zu geben, zu nehmen und auch zu übertragen. Hieraus würde ohne Zweifel folgen, daß das Ansehen des Kaiserthums abhängig wäre, wie sie sagen. Hierauf dient zur Antwort, um die Behauptung hinwegzuräumen, daß Samuel der Statthalter Gottes gewesen sei, daß er dies nicht als Statthalter, sondern als besonderer Gesandter für diesen Zweck, oder als ein Bote in besonderem Auftrage des Herrn that. Dies leuchtet ein, weil er nichts weiter als Gottes Befehl ausrichtete und überbrachte. Daher ist zu bedenken, daß zwischen einem Statthalter und einem Boten oder Diener ein Unterschied ist, sowie ein Lehrer und ein Ausleger auch nicht verwechselt werden müssen; denn ein Statthalter oder Stellvertreter ist Der, dem die Gerichtsbarkeit, sei es eine gesetzmäßige oder eine willkürliche, übertragen ist, und deswegen kann er innerhalb der Grenzen dieser gesetzmäßigen oder willkürlichen Gerichtsbarkeit etwas vornehmen, wovon der Herr durchaus nichts weiß. Der Bote kann das aber nicht, sofern er Bote ist; sondern gleichwie der Hammer blos vermöge der Kraft des Schmids wirkt, so kann auch der Bote blos nach dem Gutünken Dessen handeln, der ihn schickt. Es folgt also nicht, daß, wenn Gott dies durch den Samuel als Boten that, daß der Statthalter Gottes dies auf gleiche Weise könne. Denn Vieles hat Gott durch Engel gethan, thut es und wird es thun, was der Statthalter Christi und Nachfolger Petri nicht thun könnte. Daher ist der Beweis dieser Menschen vom Ganzen auf den Theil so zu stellen: der Mensch kann hören und sehen, also kann das Auge hören und sehen. Das geht nun nicht. Aber es würde auf widerlegende Weise so gehen: der Mensch kann nicht fliegen, folglich können die Arme des Menschen nicht fliegen. Und gleichfalls so: Gott kann durch seinen Boten nicht bewirken, daß Geborenes nicht geboren ist, nach Agathon’s Meinung; folglich kann es auch der Statthalter nicht.

Sie führen auch nach dem Buchstaben des Matthäus das Geschenk der Magier an, und sagen, er habe zugleich Weihrauch und Gold empfangen, um damit anzuzeigen, daß er Herr und Verweser der geistlichen und weltlichen Angelegenheiten sei. Daher meinen sie, daß der Statthalter Christi Herr und Verweser derselben Dinge sei und folglich Gewalt über beiderlei habe. Hierauf antwortend lasse ich den Buchstaben des Matthäus und den Sinn desselben gelten; aber Das, was sie daraus herleiten, hat einen Fehler im Begriffe. Denn sie schließen so: Gott ist Herr der geistlichen und weltlichen Dinge: der Papst ist Statthalter Christi: folglich ist er Herr der geistlichen und weltlichen Dinge; denn beide Vordersätze sind wahr, aber der Mittelbegriff ist nicht derselbe, und das Ganze hat also vier Begriffe, was bei einem Schlusse nicht angeht: was aus der Lehre vom Schlusse einfach hervorgeht. Denn Gott im Obersatze und der Statthalter Gottes im Untersatze sind etwas Verschiedenes. Und wenn Jemand einwürfe, daß der Statthalter gleich gelte, so wäre dieser Einwurf unstatthaft, denn kein Statthalteramt, sei es göttlich oder menschlich, kann dem Ansehen des Herrn gleichgelten. Dies beweist Levi; denn wir wissen, daß der Nachfolger Petri dem göttlichen Ansehen nicht gleichgilt, wenigstens in der Wirksamkeit der Natur. Denn er könnte doch nicht machen, daß der Erdboden in die Höhe stiege oder das Feuer nach unten aufflamme vermöge des ihm anvertrauten Auftrages: auch könnte ihm nicht Alles von Gott übertragen werden, z. B. die Macht zu erschaffen und desgleichen zu taufen, wie überzeugend darzuthun ist, wenn gleich der Meister das Gegentheil im vierten Kapitel sagt. Wir wissen auch, daß der Stellvertreter eines Menschen diesem nicht gleichgilt, insofern er Stellvertreter ist, weil Niemand weggeben kann, was nicht sein ist. Das fürstliche Ansehen gehört dem Fürsten blos zum Gebrauch; denn kein Fürst kann sich selbst das Ansehen geben: annehmen kann er es aber und zurückgeben: aber einen Andern erschaffen kann er nicht, weil die Schöpfung des Fürsten nicht vom Fürsten abhängt. Wenn dies so ist, so leuchtet ein, daß kein Fürst einen Stellvertreter an seine Stelle setzen kann, der ihm in Allem gleichgölte; weil der Einwurf kein Gewicht hat.

Desgleichen führen sie nach dem Buchstaben desselben Verfassers die Worte Christi zu Petrus an: „Und Alles, was du auf Erden gebunden hast, das wird auch im Himmel gebunden sein; und Alles, was du auf Erden gelöset hast, das wird auch im Himmel gelöst sein“; welche Worte auch an alle übrigen Apostel gerichtet sind. Desgleichen bringen sie die Worte des Matthäus und Johannes bei und schließen daraus, daß der Nachfolger Petri mit Bewilligung Gottes sowol binden wie lösen könne. Und daher meinen sie, daß er die Beschlüsse und Gesetze des Kaiserthums lösen und die Gesetze und Beschlüsse für die weltliche Macht binden könne; woraus denn allerdings Das folgen würde, was sie behaupten. Hi bei ist nun zu unterscheiden und der Obersatz anzugreifen, dessen sie sich bedienen. Denn sie schließen so: Petrus konnte Alles lösen und binden: der Nachfolger Petri kann Alles, was Petrus konnte; also kann der Nachfolger Petri Alles lösen und binden; daher behaupten sie, daß er das Ansehen und die Beschlüsse des Kaiserthums lösen und binden könne. Den Untersatz gebe ich zu: den Obersatz aber nicht ohne Unterscheidung. Und daher sage ich, daß dieser allgemeine Begriff Alles, das Sämmtliche, was er in sich schließt, niemals die ihm zugetheilten Schranken verändert und überschreitet. Denn wenn ich sage: Alles Thier läuft, so schließt der Begriff Alles das Sämmtliche ein, was man unter Thiergeschlecht zusammenfaßt. Wenn ich aber sage: Jeder Mensch oder Alles, was Mensch ist, läuft, so bezieht sich dies Alles nur auf den Begriff des Menschen. Und wenn ich sage: Jeder Grammatiker, oder Alles, was Grammatiker ist, so wird der Begriff des Alles noch mehr beschränkt. Daher muß man stets darauf merken, was der allgemeine Begriff in sich schließt; daraus geht dann leicht hervor, wie weit sich die Schranken erstrecken, nämlich durch die Beschaffenheit und den Umfang des Begriffes. Wenn nun der Begriff Alles, der in dem Satz: Alles, was du bindest, sich findet, unbeschränkt genommen würde, und es wahr wäre, was sie sagen, so würde der Papst nicht blos das Genannte thun können, sondern er könnte auch die Frau von dem Manne lösen, uns sie mit einem andern verbinden bei Lebzeiten des ersten, was doch gar nicht angeht. Er könnte mich auch lösen, wenn ich nicht bereute, was doch Gott selbst nicht im Stande wäre. Da sich dies so verhält, ist es offenbar, daß der Begriff nicht allgemein, sondern bezüglich zu fassen ist. Diese Beziehung ist aber klar genug, wenn man betrachtet, was durch diesen Begriff eingeräumt wird. Denn Christus sagt zu Petrus: Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben, d. h. dich zum Pförtner des Himmels machen. Nachher fügt er hinzu: Und was immer, das heißt, Alles, was: das heißt, Alles, was dies Amt betrifft, wirst du lösen und binden können. Und so beschränkt sich der allgemeine Ausdruck des Was immer – auf das Amt des himmlischen Schlüsselträgers. Und so genommen ist der Satz wahr, unbeschränkt genommen aber nicht, wie klar ist. Und deshalb sage ich, daß, obgleich der Nachfolger Petri nach der Befugniß des ihm anvertrauten Amtes lösen und binden kann, nicht jedoch daraus folgt, daß er die Beschlüsse der Kaisergewalt, oder die Gesetze, wie sie behaupten, lösen oder binden kann, wenn nicht etwa weiter bewiesen würde, daß dies zum Schlüsselamte gehöre, dessen Gegentheil späterhin dargethan werden wird.

Sie greifen auch den Ausspruch des Lukas auf, nämlich wo Petrus zu Christus sagt: Siehe, hier sind zwei Schwerter – und behaupten, daß unter den beiden Schwertern die beiden genannten Herrschgewalten verstanden werden, und da Petrus sich des Ausdruckes hier bediene, d. h. bei ihm, dem Petrus, so schließen sie daraus, daß diese beiden Herrschgewalten dem Ausspruche zufolge bei dem Nachfolger Petri sind. Hier läßt sich nun der Sinn, den sie den Worten unterlegen, wegräumen. Denn ihre Behauptung, daß unter den beiden Schwertern des Petrus die beiden Herrschgewalten zu verstehen sind, ist geradehin zu verneinen: theils weil jene Antwort der Absicht Christi nicht entsprochen haben würde, theils weil Petrus nach seiner Weise plötzlich antwortete und dabei nur an das nächste Vorliegende dachte. Das Erstere, daß die Antwort der Absicht Christi nicht entsprochen haben würde, geht aus der Betrachtung der vorhergehenden Worte und der Ursache derselben hervor. Man muß nämlich wissen, daß dies am Tage des Abendmahles vorfiel, was Lukas mit den Worten anzeigt: „Es kam nun der Tag der süßen Brote, auf welchen man mußte opfern das Osterlamm. Bei diesem Abendmahle hatte Christus vorausgesagt sein nahes Leiden, wobei er von seinen Schülern werde getrennt werden.“ Ferner muß man wissen, daß bei diesen Worten alle zwölf Jünger gegenwärtig waren; denn Lukas sagt gleich darauf: „Und da die Stund kam, setzte er sich nieder, und die zwölf Apostel mit ihm.“ In dem weitern Gespräch heißt es dann: „So oft ich euch gesandt habe ohne Beutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr auch je Mangel gehabt?“ Sie sprachen: „Nie keinen.“ Da sprach er zu ihnen: „Aber nun, wer einen Beutel hat, der nehme ihn, desselbigen gleichen auch die Tasche. Wer aber nicht hat, verkaufe sein Kleid und kaufe ein Schwert.“ Hieraus geht die Absicht Christi aufs deutlichste hervor; denn er sagte nicht: Kauft oder nehmt zwei Schwerter, oder gar zwölf, da er zu seinen zwölf Jüngern sprach: Wer nicht hat, kaufe, damit Jeder eins habe. Auch wollte er sie mit diesen Worten an die künftigen Drangsale und an die künftige ihnen zu Theil werdende Verachtung mahnen, als ob er sagte: So lange ich bei euch war, waret ihr sicher; nun aber werdet ihr vertrieben werden, sodaß ihr euch mit Dem versehen müßt, was ich euch bisher zu thun abgehalten habe, und zwar wegen der zukünftigen Noth. Wenn daher die Antwort Petri hierauf in jener Absicht gegeben wäre, so hätte sie der Absicht Christi wenigstens nicht entsprochen und nicht auf den ihm von Christus gemachten Vorwurf gepaßt; wie er ihn denn oft wegen ungeschickter Antworten schalt. Hier aber that er das nicht, sondern beruhigte ihn mit den Worten: „Es ist genug“, als ob er sagen wollte: Zur Noth, meine ich, wenn nicht Jeder eins haben kann, so genügen zwei. – Und daß Petrus nach seiner Weise obenhin sprach, beweist seine rasche und nicht zuvor überlegte Rede, wozu ihn nicht blos sein lauterer Glaube antrieb, sondern auch meines Bedünkens seine natürliche Reinheit und Herzenseinfalt. Diese seine Vorschnelligkeit bezeugen alle Geschichtschreiber Christi. So sagt Matthäus, daß auf Christi Frage an die Jünger: Wer sagt ihr, daß ich sei? Petrus vor den Andern geantwortet habe: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Er schreibt ferner, daß, als Christus zu seinen Jüngern sagte, er müsse nach Jerusalem gehen und viel leiden, Petrus ihn vorschnell angefahren habe mit den Worten: Das sei ferne von dir, Herr, das wird dir nicht geschehen! worauf Christus sich tadelnd an ihn wandte und sagte: Gehe hinter mir, Satanas! – Desgleichen schreibt er, daß er auf dem Berge der Verklärung im Angesichte Christi, Mosis und Elias und der beiden Söhne des Zebedäus sagte: Hier ist gut sein; wenn du willst, so machen wir hier drei Hütten, dir eine, dem Moses eine und dem Elias eine. Desgleichen schreibt er, daß, als die Jünger bei der Nacht im Schiff waren, und Christus auf dem Wasser ging, Petrus zu ihm sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. – Desgleichen, als Christus seinen Jüngern das Aergerniß vorhersagte, antwortete Petrus: Wenn gleich Alle sich an dir ärgerten, werde ich mich nie an dir ärgern. Und weiterhin: Wenn ich mit dir zugleich sterben soll, werde ich dich nicht verleugnen. – Und dies bezeugt auch Markus. Lukas aber schreibt, daß Petrus auch kurz vor den Worten wegen der Schwerter zu Christus gesagt habe: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängniß und in den Tod zu gehen. Johannes aber führt, als Christus dem Petrus die Füße waschen wollte, die Worte des Petrus an: Herr, du wäschest mir die Füße? Und weiterhin: Du wirst sie mir in Ewigkeit nicht waschen. Es sagt auch, daß Petrus sogar einen Knecht des Hohenpristers verwundet habe, was übrigens alle vier bezeugen. Johannes sagt auch, daß Petrus gleich in das Grabgewölbe hineingegangen sei, als er einen andern Jünger an der Thür stillstehen sah. Und ferner, daß, als Christus nach der Auferstehung sich am Ufer befand, und Petrus gehört hatte, es sei der Herr, sich gürtete (denn er war nackt) und ins Meer stieg. Und zuletzt, daß Petrus, als er den Johannes gesehen hatte, zu Jesus sagte: Was soll er thun? Es freut mich nämlich, dies von unserm Erzhirten zum Lobe seiner Reinheit zusammenzutragen, woraus deutlich hervorgeht, daß er mit seinen Worten von den beiden Schwertern in aller Einfachheit Christo antwortete. Will man jene Worte Christi und Petri sinnbildlich nehmen, so sind sie doch nicht auf Das, was meine Gegner sagen, zu beziehen, sondern auf die Bedeutung jenes Schwertes, von welchem Matthäus schreibt: Glaubet nicht, daß ich in die Welt gekommen bin, den Frieden zu bringen: nicht bin ich gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Sohn vom Vater zu trennen u. s. w. Dies geschieht aber sowol mit dem Worte als mit der That. Deswegen sagt Lukas zum Theophilus: Was Jesus anfing zu thun und zu lehren. Ein solches Schwert befahl Christus zu kaufen, und daß dergleichen zwei da wären, antwortete Petrus. Denn zu Wort und That waren sie bereit, um damit nach Christi Worten zu thun, nach den Worten, daß er gekommen sei, um mit dem Schwert zu handeln, wie gesagt ist.

Einige sagen überdies, daß der Kaiser Konstantin nach seiner Reinigung vom Aussatze auf Fürbitte des damaligen Papstes Sylvester den Sitz des Reiches, nämlich Rom, der Kirche zum Geschenk machte, nebst vielen andern Würden des Kaiserthums. Hieraus beweisen sie, daß späterhin Niemand diese Würden empfangen konnte, ausgenommen von der Kirche als Eigenthümerin derselben. Und hieraus würde allerdings folgen, daß Ein Ansehen von dem andern abhänge, wie sie wollen. Nachdem wir nun die Beweisgründe gelöst und beseitigt haben, welche ihre Wurzeln in göttlichen Aussprüchen zu haben schienen, bleiben jetzt diejenigen zu beseitigen und zu widerlegen übrig, welche in den menschlichen Thaten und in der menschlichen Vernunft wurzeln. Hievon hat nun der erste, welcher vorangeschickt wird, folgende Schlußform: Das, was der Kirche gehört, kann Niemand mit Recht erhalten, es sei denn von der Kirche, und dies wird eingeräumt. Die römische Herrschaft gehört der Kirche: also kann sie Niemand mit Recht besitzen, es sei denn durch die Kirche. Den Untersatz beweisen sie durch Das, was oben von dem Konstantin berührt ist. Diesen Untersatz streiche ich nun, und den Beweis nenne ich einen Nichtbeweis, weil Konstantin die kaiserliche Würde weder verschenken noch die Kirche sie annehmen durfte. Und wenn sie hartnäckig darauf bestehen, so erkläre ich mich folgendermaßen: Niemandem ist es erlaubt, vermöge eines ihm übergebenen Amtes Etwas zu thun, was gegen dieses Amt ist, weil sonst eines und dasselbe, sofern es dieses ist, sich selbst entgegen wäre, was unmöglich ist. Aber es ist gegen das dem Kaiser übertragene Amt, das Kaiserthum zu zerspalten, da es dessen Pflicht ist, das menschliche Geschlecht Einem Wollen und Einem Nichtwollen unterthan zu erhalten, wie im ersten Buche klärlich zu ersehen ist. Das Kaiserthum zu zerspalten ist also dem Kaiser nicht erlaubt. Wenn also durch Konstantin einige Würden, wie sie sagen, von dem Kaiserthum entfremdet und in die Gewalt der Kirche übergegangen wären, so wäre das unzertrennbare Gewand zerrissen, das Diejenigen nicht zu zerreißen wagten, welche den wahren Gott Christus mit der Lanze durchbohrten. Ueberdies sowie die Kirche ihren Grund hat, so auch das Kaiserthum den seinen; denn der Grund der Kirche ist Christus, daher der Apostel an die Corinther schreibt: Einen andern Grund kann Niemand legen als welcher gelegt ist, nämlich Christus Jesus. Er selbst ist der Fels, auf dem die Kirche gebaut ist. Der Grund des Kaiserthums aber ist das menschliche Recht. Und so sage ich, daß, wie es der Kirche nicht erlaubt ist, ihrem Grunde zuwiderzuhandeln, sondern sie immer auf ihn sich stützen muß, laut der Worte des Hohenliedes: Wer ist die, die heraufgehet aus der Wüste, von Süßigkeiten triefend, gelehnt auf ihren Freund? – so auch dem Kaiserthum es nicht erlaubt ist, etwas gegen das menschliche Recht zu thun; aber gegen das menschliche Recht wäre es, wenn das Kaiserthum sich selbst zerstörte; also sich selbst zu zerstören ist dem Kaiserthum nicht erlaubt. Wenn nun das Kaiserthum zerspalten und es zerstören dasselbe ist, insofern das Kaiserthum in der Einheit der allgemeinen Alleinherrschaft besteht, so darf der Verweser des Ansehens des Reiches offenbar das Kaiserthum nicht zerspalten. Daß aber das Kaiserthum zu zerstören gegen das menschliche Recht sei, erhellt aus Obigem. Ueberdies ist alle Gerichtsbarkeit früher als der Richter. Denn der Richter wird zur Rechtspflege bestellt, nicht aber umgekehrt. Aber dem Kaiserthum gehört die Gerichtsbarkeit oder Rechtspflege, welche alle weltliche Gerichtsbarkeit in sich schließt; also ist sie früher als ihr Richter, der Kaiser, weil der Kaiser dazu bestellt ist, und nicht umgekehrt. Hieraus erhellt, daß der Kaiser damit keine Aenderung vornehmen kann, sofern er Kaiser ist, da er von ihr seine Wesenheit empfängt. Ich meine nämlich so: Entweder war er Kaiser, als er der Kirche etwas verliehen haben soll, oder er war es nicht: im letztern Falle ist es deutlich, daß er nichts vom Reiche verleihen konnte. Wenn er es aber war, so durfte er es als Kaiser auch nicht, da eine solche Verleihung eine Verringerung der Gerichtsbarkeit war. Ferner, wenn Ein Kaiser irgend einen Theil von der Gerichtsbarkeit des Kaiserthums abreißen konnte, so konnte es auf dieselbe Weise auch ein anderer Kaiser. Und da jede weltliche Gerichtsbarkeit begrenzt ist, und alles Begrenzte aus begrenzten Abschnitten besteht, so würde folgen, daß die erste Gerichtsbarkeit vernichtet werden könnte, was unvernünftig ist. Ueberdies da der Verleihende und der Empfänger in dem Verhältnisse des Handelnden und des Leidenden stehen, wie der Philosoph lehrt im vierten Buch an den Nikomachus, so wird zu einer Verleihung nicht blos die Neigung des Verleihers, sondern auch die des Empfängers gefordert. Denn es scheint in dem Leidenden und Geneigten die Handlung der Handelnden zu sein; aber die Kirche war völlig abgeneigt, Zeitliches anzunehmen, vermöge des ausdrücklichen Verbotes, wie wir es im Matthäus haben: „Wollet nicht Gold besitzen, noch Silber, noch Geld in euerm Gürtel, noch eine Tasche unterwegs u. s. w.“ Und wenn sich gleich bei Lukas eine gewisse Beschränkung dieses Verbotes findet, so habe ich doch nicht finden können, daß nach jenem Verbote der Kirche eingeräumt sei, Gold und Silber zu besitzen. Wenn die Kirche daher die Gabe Konstantin’s nicht in Empfang nehmen durfte, angenommen, daß ihm diese zu verleihen verstattet gewesen wäre: so war doch jene Handlung nicht möglich hinsichtlich der Neigung des Empfängers. So ist denn klar, daß weder die Kirche etwas als Besitz in Empfang nehmen, noch jener etwas durch Verleihung zum Eigenthum eines Andern machen konnte. Dennoch konnte der Kaiser zum Schirm der Kirche ein Erbgut und Anderes hingeben, doch so, daß das Recht des ersten Besitzers unangetastet blieb, dessen Einheit die Theilung nicht zuläßt. Und so konnte auch der Statthalter Christi es in Empfang nehmen, nicht als Besitzer, sondern als ein Vertheiler der Zinsen an die Kirche und an die armen Christen, wie wir denn wohl wissen, daß es die Apostel thaten.

Noch führen sie an, daß der Papst Hadrian Karl den Großen sich und der Kirche zu Frommen berief zur Zeit des Desiderius, des Königs der Longobarden, und daß Karl von ihm die Kaiserwürde empfing, ungeachtet Michael zu Konstantinopel Kaiser war. Sie sagen deswegen, daß alle nachherigen römischen Kaiser, sowie er selbst, von der Kirche berufen waren und von der Kirche berufen werden müssen. Daraus würde auch jene Abhängigkeit folgen, welche sie daraus ableiten wollen. Um dies zu widerlegen, sage ich, daß sie nichts sagen; denn angemaßtes Recht ist kein Recht. Denn in diesem Fall könnte man auch beweisen, daß das Anshen der Kirche von dem Kaiser abhange, insofern Kaiser Otto den Papst Leo wiedereinsetzte und den Benedikt absetzte und in die Verbannung nach Sachsen schickte.

Vernunftgemäß aber schließen sie so. Sie nehmen zu dem Ende aus dem zehnten Buch der ersten Philosophie den Satz: Alles, was Einer Art ist, läßt sich auf Eins zurückführen, und dies ist das Maß aller der Dinge, welche zu dieser Art gehören. Nun sind alle Menschen von Einer Art: also lassen sie sich auf Eins zurückführen als das Maß aller Menschen. Und da der höchste Kirchenvorsteher und der Kaiser Menschen sind, so müssen alle Menschen, sofern der Schluß wahr ist, sich auf Einen Menschen zurückführen lassen. Und da der Papst nicht auf einen andern zurückzuführen ist, so bleibt nichts übrig, als daß der Kaiser sammt allen übrigen auf ihn zurückzuführen, und wie auf ein Maß und eine Regel zu beziehen ist. So folgt denn Das, was sie wollen. Zur Widerlegung sage ich nun, daß sie mit ihrer Behauptung: Alles, was Einer Art sei, müßte auf eins von dieser Art als das Maß derselben bezogen werden, Recht haben, sowie auch mit der zweiten, daß alle Menschen Einer Art sind. Und Dem gemäß schließen sie richtig, daß alle Menschen auf Ein Maß innerhalb ihrer Art zurückzuführen sind. Aber wenn sie bei diesem Schluß den Papst und den Kaiser einschieben, so täuschen sie sich in Hinsicht des Zufälligen oder der unwesentlichen Nebenbestimmung. Um sich hievon zu überzeugen, muß man bedenken, daß die Begriffe Mensch und Papst, und ebenso Mensch und Kaiser nicht gleich sind, und daß Mensch und Vater und Herr nicht verwechselt werden dürfen. Denn ein Mensch ist Das, was er ist, durch die wesentliche Form, wodurch er Art und Geschlecht gewinnt, und durch welches er unter die Bestimmung eines Wesens fällt. Ein Vater ist aber Das, was er ist, durch die zufällige Form, das heißt, die Beziehung, durch welche er eine gewisse Art und Geschlecht gewinnt, und unter das Geschlecht hinsichtlich auf Etwas, das heißt, der Beziehung, fällt. Sonst würde alles auf die Bezeichnung des Wesens zurückgeführt werden, da keine zufällige Form durch sich selbst besteht ohne die Unterlage einer bestehenden Wesenheit: was falsch ist. Wenn also Papst und Kaiser Das, was sie sind, durch gewisse Beziehungen sind, nämlich des Pabstthums und des Kaiserthums, welche Beziehungen sind, das eine auf den Begriff der Väterlichkeit, das andre auf den Begriff der Herrschaft, so ist deutlich, daß der Papst und Kaiser in dieser Hinsicht unter den Begriff des Verhältnisses fallen und folglich auf etwas in jener Gattung sich Befindende bezogen werden müssen. Ich meine also, verschieden ist das Maß, auf welches sie als Menschen von Dem, auf welches sie als Pabst und Kaiser zu beziehen sind, und zwar als Menschen auf den besten Menschen, der das Maas aller übrigen und, so zu sagen, das Gedankenbild ist, und wer auch jener sein möge, doch auf Einen in seiner Gattung Vorhandenen, wie aus den letzten Büchern an den Nikomachus zu ersehen ist. Sofern sie aber gewisse Bezüglichkeiten sind, wie es klar ist, so sind diese entweder auf den Richter zurückzuführen, sofern eins mit dem andern wechselt, oder sie haben vermöge der Beziehung als Artbegriffe Verwandtschaft miteinander, oder sie beziehen sich auf etwas Drittes, worauf sie zurückgeführt werden, wie auf die gemeinschaftliche Einheit. Aber es läßt sich nicht sagen, daß es Wechselbegriffe wären, denn dann ließe sich das Eine von dem Andern aussagen, was falsch ist; denn der Kaiser Decius ist nicht Papst und umgekehrt. Eben so wenig läßt sich sagen, daß sie als Artbegriffe Verwandtschaft hätten, da die Beschaffenheit des Papstes eine andre ist, als die des Kaisers, soweit dies ein Jeder ist. Folglich werden sie auf Etwas zurückgeführt, worin sie sich vereinigen. Nun muß man wissen, daß, sowie sich die Beziehung zur Beziehung, so das Bezügliche auf das Bezügliche verhält. Wenn also das Papstthum und Kaiserthum, da sie Beziehungen eines Oberbegriffs sind, sich beziehen lassen hinsichtlich dessen, unter welchen sie mit ihren Unterschieden gehören: so lassen sich Papst und Kaiser als bezügliche Begriffe auf etwas Eines beziehen, in welchem sich die Hinsicht, oder die Bedeutung des Oberbegriffs ohne weitere Unterschiede findet. Und dies wird entweder Gott selbst sein, in dem sich jede Rücksicht sammt und sonders vereint, oder eine unter Gott stehenden Wesenheit, in welcher die Rücksicht auf den Oberbegriff durch den Untschied des Oberbegriffs von der einfachen Rücksicht sich hinaberstreckend, zur Besonderheit wird. Und so ist klar, daß Papst und Kaiser, als Menschen, auf Einen Menschen zurückzubeziehen sind, als Papst und Kaiser aber auf etwas Anderes, und zwar ohne Zweifel auf die Vernunft.

Nach Beseitigung und Entfernung der Irrthümer, auf welche sich vorzugsweise Diejenigen stützen, welche meinen, daß das Ansehen der weltlichen römischen Herrschaft von dem römischen Oberhirten der Kirche abhänge, wenden wir uns wieder an die Darstellung der Wahrheit dieser dritten Untersuchung, welche von Anfang an als Gegenstand aufgestellt wurde, welche Wahrheit sich hinlänglich zeigen wird, wenn ich nach festgestelltem Grundgedanken für die Untersuchung dargethan haben werde, daß das obgenannte Ansehen unmittelbar von dem Gipfel alles Seins abhänge, welcher Gott ist. Und dies wird geschehen, entweder wenn das Ansehen der Kirche von jenem geschieden wird, da über das andere kein Zwist ist, oder wenn augenfällig bewiesen wird, daß es unmittelbar von Gott abhängt. Daß aber das Ansehen der Kirche nicht der Grund des kaiserlichen Ansehens ist, läßt sich so beweisen: Dasjenige, bei dessen Nichtvorhandensein oder Nichtwirksamsein ein Andres seine ganze Kraft hat, ist nicht die Ursache jener Kraft: das Kaiserthum hatte aber während des Nichtvorhandenseins oder Nichtwirksamseins der Kirche seine ganze Kraft: also ist die Kirche nicht die Ursache der Kraft des Kaiserthums, und folglich auch nicht des Ansehens desselben, weil Kraft und Ansehen gleichbedeutend sind. Es sei die Kirche a, das Kaiserthum b, das Ansehen oder die Kraft des Kaiserthums c. Wenn nun, ohne das a da ist, c in b ist, so kann a unmöglich die Ursache sein, daß c in b ist, weil es unmöglich ist, daß die Wirkung der Ursache eines Seins vorangehe. Ferner, wenn, ohne Wirkung des a, c in b ist, so folgt nothwendig, daß a nicht die Ursache Dessen sei, daß c in b ist, da es nothwendig ist, daß zur Hervorbringung einer Wirkung die Ursache und zumal die, welche das Beabsichtigte bewirkt, zuvorwirke. Der Obersatz dieses Beweises ist hinsichtlich seiner Begriffe erklärt. Den Untersatz bestätigt Christus und die Kirche, Christus durch seine Geburt und seinen Tod, wie oben gesagt ist; die Kirche, da Paulus in der Apostelgeschichte zu Festus sagt: „Ich stehe vor des Kaisers Gericht, da soll ich mich lassen richten.“ Auch der Engel des Herrn sagt bald darauf zu Paulus: „Fürchte dich nicht, Paulus, du mußt vor den Kaiser gestellt werden.“ Und weiterhin sagt wiederum Paulus zu den Juden in Italien: „Da aber die Juden dawider redeten, ward ich genöthigt, mich auf den Kaiser zu berufen, nicht, als hätte ich mein Volk etwas zu verklagen, sondern um meine Seele vom Tode zu erretten.“ Wenn nun der Kaiser nicht schon damals das Recht gehabt hätte, weltliche Händel zu richten, so hätte weder Christus uns davon überzeugt, noch der Engel jene Worte gesprochen, noch Jener, welcher sagte: „Ich wünsche aufgelöst zu werden und bei Christus zu sein“ – einen ungeziemenden Richter angerufen. Wenn auch Konstantin das Recht und Ansehen nicht gehabt hätte, Schirmvogt der Kirche zu sein, hätte er der Kirche Das, was er ihr zutheilte, nicht mit Recht zutheilen können; desgleichen hätte die Kirche sich jener Erweisung unrechtmäßigerweise bedient, da Gott will, daß erwiesene Geschenke unbefleckt seien, laut des Ausspruchs im dritten Buche Mosis: „Jedes Opfer, das dem Herrn dargebracht wird, soll ohne Sauerteig sein.“ Wenngleich diese Vorschrift an die Darbringer gerichtet zu sein scheint, so ist sie es der Folge wegen nichtsdestoweniger an die Empfänger. Denn es ist thöricht zu glauben, daß Gott die Annahme billige, wenn er die Darbringung verbietet, wie denn auch in demselben Buch den Leviten geboten wird: „Beflecket eure Seelen nicht und rühret nichts davon an, um euch nicht zu verunreinigen.“ Aber zu sagen, daß die Kirche das ihre zugetheilte Erbgut misbrauche, ist sehr unpassend: Daher war Das falsch, woraus dies folgte.

Ferner, wenn die Kirche die Kraft hätte, den römischen Kaiser zu bevollmächtigen, so hätte sie diese entweder von Gott, oder von sich selbst, oder von irgend einem Herrscher, oder von der allgemeinen Zustimmung der Menschen, oder wenigstens von den vornehmsten derselben. Ein andrer Ausweg bleibt nicht übrig, auf welchem diese Kraft der Kirche zufließen sollte. Aber sie hat sie von keinem der Angeführten: folglich hat sie die erwähnte Kraft nicht. Und daß dies so ist, erhellt aus Folgendem. Denn wenn sie sie von Gott empfangen hätte, so wäre dies geschehen entweder durch ein göttliches oder durch ein natürliches Recht. Was man von der Natur empfängt, das verändert sich nicht. Aber es ist nicht durch ein natürliches Gesetz geschehen; denn die Natur legt ein Gesetz nicht anders auf, als durch die Wirkungen, da Gott nicht unvermögend sein kann, wo er ohne vermittelnde Kräfte etwas ins Dasein ruft. Da nun die Kirche nicht eine Wirkung der Natur ist, sondern Gottes, welcher spricht: „Auf diesem Fels werde ich meine Kirche erbauen“ – und an einem andern Ort: „Ich habe das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es thue:“ so ist offenbar, daß ihr die Natur das Gesetz nicht gegeben hat. Aber auch nicht durch göttliches Gesetz; denn alle göttlichen Gesetze sind enthalten im Schooße der beiden Bunde oder Testamente, in welchem Schooße ich aber nicht finden kann, daß die Sorge für das Zeitliche dem ersten oder letzten Priesterthume anvertraut sei. Vielmehr finde ich, daß die ersten Priester von der wetlichen Macht auf Befehl abgesetzt sind, wie aus dem erhellt, was Gott zu Moses: und die Priester der letzten Zeit aus Dem, was Christus zu den Jüngern sagte. Nun ist es nicht möglich, daß ihnen diese Sorge genommen sei, wenn das Ansehen der weltlichen Herrschaft ein Ausfluß des Priesterthums wäre, da die Sorge der Obwaltung wenigstens in der Bevollmächtigung läge, und sodann auch die fortwährende Sicherstellung, daß der Bevollmächtigte nicht von dem rechten Pfade abweiche. Daß sie diese Kraft nicht aber von sich selbst erhalten hat, erhellt auf diese Weise: Man kann nicht geben, was man nicht hat. Nun muß alles Wirkende in seiner Wirksamkeit so Etwas sein, was das Wirken beabsichtigt, wie dies die Schriften über das einfache Wesen ausweisen. Aber es versteht sich, daß, wenn die Kirche sich diese Kraft gab, sie dieselbe nicht eher hatte, als bis sie sich dieselbe gab. Und so hätte sie sich Etwas gegeben, was sie nicht hatte, was unmöglich ist. Daß sie diese aber nicht von einem Herrscher empfing, ist aus dem vorher Bewiesenen deutlich. Daß sie ihr endlich nicht durch die Zusammenstimmung aller oder der vornehmsten Menschen zu Theil wurde, bezweifelt wohl Niemand, da nicht nur alle Asiaten und Afrikaner, sondern auch der größere Theil der Bewohner Europas dem widerstrebt. Denn es ist widerlich, die sonnenklarsten Dinge noch zu beweisen.

Desgleichen: Das, was gegen die Natur eines Dinges ist, gehört nicht zu der Zahl seiner Kräfte, da die Kräfte eines jeden Dinges der Natur desselben zur Errreichung des Zweckes folgen. Aber die Kraft, die Herrschaft unsrer Sterblichkeit unter ihre Vollmacht zu nehmen, ist gegen die Natur der Kirche. Also gehört diese Kraft nicht zu der Zahl ihrer Kräfte. Um den Untersatz zu beweisen, muß man wissen, daß die Natur der Kirche ihre Form ist. Denn obgleich Natur auf Stoff und Form bezogen wird, so gebraucht man diesen Ausdruck doch gewöhnlich von der Form, wie bewiesen ist im zweiten Buch von der Natur. Die Form der Kirche aber ist nichts Anderes als das Leben Christi, das sich sowol in seinen Reden als in seinen Handlungen darstellt. Denn sein Leben war das Vorbild und Muster der streitenden Kirche, besonders der Hirten, und zumal des Oberhirten, dessen Pflicht es ist, die Schafe und Lämmer zu weiden. Daher sagt er selbst, indem er in Johannes die Form seines Lebens zurückließ: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, gleichwie ich euch gethan habe, auch ihr thuet.“ Und insbesondere zum Petrus sagte er, als er ihm das Amt des Hirten anvertraute, wie wir in ihm denselben haben: „Petrus, folge mir!“ Aber Christus wies eine Herrschaft dieser Art, als er vor Pilatus stand, von sich. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt, – sagte er; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so würden meine Diener ja für mich streiten, daß ich den Juden nicht überliefert würde; mein Reich ist aber nicht von hier.“ Dies ist nicht so zu verstehen, als ob Christus, welcher Gott ist, nicht der Herr dieses Reiches sei, da der Psalmist sagt: „Sein ist das Meer, er selbst hat es gemacht, und seine Hände haben das Trockene gegründet“ – sondern weil er als Vorbild der Kirche für dieses Reich keine Sorge trug, gleichwie wenn ein goldener Siegelring von sich selbst sagte: Ich bin kein Maß in irgend einem Geschlecht; welche Rede keine Geltung hat, insofern er Gold ist, da Gold das Maß in dem Geschlecht der Metalle ist, sondern insofern es zum Abdruck eines Zeichens bestimmt ist. Zur Form der Kirche gehört es aber nicht anders zu sprechen als zu meinen. Anders denken als meinen ist der Form entgegen, wie offenbar ist, oder der Natur, denn das ist dasselbe. Hieraus folgt, daß die Kraft, das weltliche Reich unter seine Vollmacht oder Vormundschaft zu nehmen, gegen die Natur der Kirche ist. Denn der Widerspruch zwischen Meinung und Rede folgt aus dem Widerspruch in der gesprochenen oder gemeinten Sache, sowie das Wahre und Falsche des Seins oder Nichtseins in der Rede sich hervorthut, wie in der Lehre von den Aussagen gezeigt wird. Die obigen Beweise erscheinen demnach unstatthaft, und hieraus erhellt sattsam, daß das Ansehen des Kaiserthums von der Kirche mit nichten abhänge.

Obgleich in dem vorhergehenden Kapitel durch Aufweisung der Unstatthaftigkeit dargethan ist, daß das Ansehen der kaiserlichen Herrschaft in dem Ansehen des Oberbischofs seinen Grund nicht habe, ist doch noch nicht eigentlich bewiesen, daß sie unmittelbar von Gott abhänge, es sei denn aus Dem, was daraus folgt. Die Folge nämlich ist, daß, wenn sie selbst von Gottes Statthalter nicht abhängt, sie von Gott abhänge. Und daher muß also zur vollkommnen Erreichung meines Vorhabens augenfällig bewiesen werden, daß der Kaiser oder der Monarch der Welt ein unmittelbares Verhältniß habe zu dem Fürsten des Weltalls, welcher Gott ist. Um dies einzusehen, muß man wissen, daß allein der Mensch in der Reihe der Wesen die Mitte einnimmt zwischen dem Vergänglichen und Unvergänglichen. Deswegen wird er mit Recht von den Philosophen mit dem Gesichtskreise verglichen, der die Mitte macht zwischen deinen beiden Halbkugeln. Denn wenn der Mensch nach seinen beiden wesentlichen Theilen, der Seele und dem Leibe, betrachtet wird, so ist es vergänglich; wenn er aber nur nach dem Einen Theile, nämlich nach der Seele, betrachtet wird, so ist er unvergänglich. Deswegen sagt der Philosoph trefflich von ihr, sofern sie unvergänglich ist, im zweiten Buche von der Seele: „Nur so allein läßt sie sich trennen, wie das Fortdauernde von dem Vergänglichen.“ Wenn also der Mensch in der Mitte steht zwischen dem Vergänglichen und Unvergänglichen, so muß er, da alles in der Mitte Stehende die Natur der beiden Enden an sich hat, eine jede von diesen beiden Naturen an sich haben. Und da alle Natur zu einem gewissen letzten Zweck eingerichtet ist, so folgt, daß es für den Menschen einen doppelten Zweck gibt, daß, wie er unter allen Wesen allein an der Unvergänglichkeit und Vergänglichkeit Theil hat, er so auch allein von allen Wesen für ein doppeltes Letztes bestimmt ist, wovon das Eine der Zweck des Vergänglichen, das Andre der Zweck des Unvergänglichen ist. Zwei Zwecke also bestimmte jene unaussprechliche Vorsehung dem Menschen, um danach zu streben, nämlich die Seligkeit dieses Lebens, welche in der Uebung der eigenen Kraft besteht, und durch das irdische Paradies abgebildet wird, und die Seligkeit des ewigen Lebens, welche in dem Genusse des göttlichen Anschauens besteht, wozu die eigene Kraft sich nicht erheben kann ohne den Beistand des göttlichen Lichtes, welche durch das himmlische Paradies zu verstehen gegeben wird. Zu diesen Seligkeiten muß man nun, wie zu verschiedenen Endpunkten, durch verschiedene Mittel gelangen. Zur ersten nämlich gelangen wir durch philosophische Unterweisung, wenn wir ihr folgen und nach den sittlichen und erkennenden Kräften handeln; zur zweiten aber durch geistliche Unterweisung, welche die menschliche Vernunft übersteigt, wenn wir ihr folgen und nach den schriftmäßigen Kräften handeln, nämlich nach Glauben, Hoffnung und Liebe. Diese Endpunkte nun und Mittel, obgleich sie uns aufgestellt sind, die einen von der menschlichen Vernunft, die uns durch die Philosophen ganz aufgethan ist, die andern von dem heiligen Geist, der durch Propheten und heilige Schriftsteller, der durch den ihm gleichewigen Sohn Gottes, Jesus Christus, und durch dessen Schüler die übernatürliche und uns nothwendige Wahrheit offenbart hat, würde die menschliche Begierde mit dem Rücken ansehen, wenn nicht die Menschen, gleichwie Pferde, die in ihrer thierischen Unvernunft umherschwärmen, auf ihrem Wege durch Zaum und Gebiß gebändigt würden. Daher bedurfte der Mensch hinsichtlich seines doppelten Zweckes einer doppelten Leitung, nämlich des Oberbischofs, der der Offenbarung gemäß das menschliche Geschlecht zum ewigen Leben führte, und des Kaisers, der nach philosophischer Unterweisung das menschliche Geschlecht dem zeitlichen Glücke zulenkte, damit, da zu diesem Hafen entweder keine oder wenige Menschen, wenngleich mit zu großer Schwierigkeit gelangen können, und nur nach Besänftigung der Fluten der blinden Leidenschaft, das menschliche Geschlecht frei in sanftem Frieden ausruhe. Dies ist die Fahne, nach welcher der Walter des Erdkreises insbesondere streben muß, er, welcher der römische Kaiser genannt wird, sodaß auf dem Gefilde der Menschheit Freiheit und Friede herrsche. Und da die Einrichtung dieser Welt der Einrichtung folgt, welche dem Kreisschwunge der Himmel innewohnt, so müssen dazu, daß die nützliche Unterweisung zur Freiheit und zum Frieden den Orten und Zeiten bequem angepaßt werde, diese vertheilt werden von jenem Walter, der die vollständige Einrichtung der Himmel allgegenwärtig anschaut. Dieser aber ist jener Eine, der diese vorausordnete, daß er dadurch vorausschauend durch seine Ordnungen Alles miteinander verknüpfte. Wenn Dem so ist, so erwählet allein Gott, so bestätigt er allein, da er Keinen über sich hat. Hieraus kann weiter entnommen werden, daß weder Diejenigen, welche jetzt, noch Andere, welche sonst irgend Churfürsten genannt worden sind, so genannt werden dürfen, sondern vielmehr als Herolde oder Verkündiger der göttlichen Weisheit zu betrachten sind. Daher geschieht es, daß bisweilen ein Zwiespalt entsteht unter Denen, welchen die Würde der Kundmachung verliehen ist, weil entweder alle oder doch einige derselben, von dem Nebel der Begierde umdunkelt, das Antlitz der göttlichen Verwaltung nicht unterscheiden. So erhellt also, daß das Ansehen der weltlichen Monarchen ohne irgend eine Mittelperson aus dem Quell des allgemeinen Ansehens sich auf ihn herabsenkt, welcher Quell in dem Bronnen seiner Ungetheiltheit vereinigt in vielfache Bäche sich vertheilt nach dem Ueberschwang der göttlichen Güte.

Und so glaube ich denn nun das vorgesteckte Ziel erreicht zu haben. Denn enthüllt ist die Wahrheit jener Untersuchung, welche die Frage betraf, ob die Monarchie zum Heile der Welt nothwendig sei, sowie die zweite, ob das römische Volk sich mit Recht die Herrschaft angeeignet habe, und die dritte und letzte, ob das Ansehen des Monarchen von irgend einem Andern oder von Gott unmittelbar abhange? Das Ergebniß der letzten Untersuchung ist freilich nicht so strenge zu nehmen, daß der römische Kaiser sich in keinem Punkte dem römischen Oberbischof unterwerfe, da das irdische Glück sich gewissermaßen dem himmlischen Glücke zuordnet. Daher erweise der Cäsar dem Petrus jene Ehrerbietung, welche dem Vater von dem erstgeborenen Sohne zukommt, damit er, durch das Licht der väterlichen Gnade erleuchtet, um so kräftiger den Erdkreis bestrale, dem er von jenem allein vorgsetzt ist, der da ist aller geistlichen und weltlichen Dinge Regierer.







Dante Alighieri - Opera Omnia  -   bearbeitet von ilVignettificio

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